Thomas´ kleine Schwester wird 18. Feiert natürlich bei sich zu Hause im sogenannten Kaff "Rhein". Ja genau,
heißt wie der Fluß. Feiern heißt da bei uns auf dem Dorf: Die zwei besten Freunde und noch zwei Bekannte
sitzen doof im Zimmer rum, und fahren irgendwann gelangweilt noch woanders hin. Um dann da auch doof
rumzusitzen. Weil es auf dem Dorf eben keine Möglichkeiten gibt.
Zippmann, Burn, Frank, Thomas und seine Olle Melanie und ich: HIN! Dann noch den mächtigen Guido
"Bluesman" Molzberger herbei bestellt, damit wir den abfeiern können, und schon ist alles geil!
Dann kommt noch der Leis mit Frau, und Guitar-Schlagerschmidt und schon regt sich das kleine
Schwesterchen mit den den drei Besuchern auf, daß der Thomas am gleichen Tag feiert. Ach watt!
Wir feiern doch nicht! Bloß n bisschen uppmaachn! Wir sitzen also alle gemütlich in Thomas´
altem Zimmer, wo der jahrelange Zigarettenqualm 1a "Abdrücke" von den ganzen Postern und Bildern
an der Wand hinterlassen hat. Also ganze Arbeit, alle Achtung! Hat sich das ständige "nix machen"
doch schon gelohnt.
Thomas Vater, der mächtige Walter, hat nicht mit so vielen Leuten gerechnet, und schickt erst mal
"den, der noch fahren kann" Bier holen. Verdammt, was ein super Gastgeber! Der Mann weiß, wovon er
redet. Mit seinen Mitte 60!
Der kann eh alles!
******EXKURS WALTER M.******
Am Wochenende wird grundsätzlich Fußball geguckt! Premiere! Und wehe, da stört einer. Dabei
wird kräftig Bier getrunken. Natürlich standesgemäß in weißer Feinripp-Unterwäsche, und das
Unterhemd in der Unterhose. Die reichlich vorhandene Plauze hält ja warm. Und jetzt mal kurz
die große Story.
Vor einiger Zeit, Thomas wohnte noch zu Hause, kam ich ihn besuchen. Die Frau Mama des Hauses
öffnete, ich ging rein. Weil der Walter ein supernetter Mann ist, öffnete ich die Wohnzimmertüre
um ihm Guten Tag zu sagen. Ich vergaß allerdings, es lief sein BVB live auf Premiere. Da ist der
Walter nicht ansprechbar. Er saß übrigens in besagtem Outfit da. Noch bevor ich was sagen konnte,
streckte er mir eine leere Bierflasche entgegen, starrte aber weiterhin auf den Fernseher und
sagte: "Hol mal Bier ausm Kell er!"
Nun gut, wo das Bier steht, wusste ich ja zu genüge. Und für den Walter macht man das halt. Ich
also runter, leere Flasche weggestellt, volle genommen. Joh, dann dachte ich mir so: "Eine
nimmste Dir aber auch mit." Ich also mit den zwei Flaschen wieder rauf ins Wohnzimmer. Der
Walter saß immer noch mit versteinertem Blick aufs Fernsehen da, Fußball gucken. Ich stellte
ihm sein Bier hin und sagte: "Ich hab mir auch mal eins mitgebracht." Und der Walter entgegnete
mit eiserner Stimme, ohne seinen Blick vom Fußball zu nehmen, den magischen Ausspruch:
"WEIL DE JESCHEIT BIST!"
Dann hat er uppjemaacht und jedrunge.
In dem Moment fande ich das zwar cool, aber noch nicht gottgleich. Erst später, als ich dem
Herrn Kremer die Geschichte präsentierte, öffnete er mir die Augen. Nun gut.
******EXKURS WALTER M. ENDE!******
Gut, weiter im Text. Wir sitzen also auf dem Geburtstag von Thomas kleiner Schwester und
fallen der auf den Keks. Guido kütt. Der schwafelt halt die ganze Zeit, kann nix außer Blues
singen, uppmaachn und Zigarillos qualmen. Und er hat einen gottgleichen Dialekt. Eine einzigartige
Mischung aus Morsbacher Platt (Murschbier Bladd) und Kölscher Mundart. Deutsch hat er schon vor
langer Zeit verlernt. Als er Mal im deutschsprachigen Musical "Der kleine Horrorladen" die Pflanze
gesungen hat, meinte der Oberchef, Guido solle doch Dialekt singen, weil er doch eh
kein Hochdeutsch kann. Hat er dann auch gemacht.
Nun gut, Guido kommt. Er setzt sich zum Einstieg erst Mal auf ein altes, klappriges
Schuhschränkchen, das seinem Gewicht irgendwie nicht standhält. Na ja, direkt runter
zur Frau des Hauses - gebeichtet. Die ist total begeistert. Ah, auf den Schreck erst
Mal uppmaaachn.
Gut, Guido is da. Und endlich: DAS Schauspiel, weshalb ich mir die Strapazen angetan habe,
noch hierher zu jückeln, nach zwei Tage saufen und ewiger Rumfahrerei auf Tour: Guido süttert
ununterbrochen, schüttet sich dabei zu, Frank sitzt daneben, lacht Tränen und fleht: "Holt
mich hier raus!" Ich wusste, das würde passieren. Wie herrlich!
Guido fragt die kleinen Geburtstags-Besuch-Mädchen, was denn da für Musik läuft (Hüre mohl,
watt lööft denn doh für komische Mussikk, doh?). Die klären ihn auf, das es 2Pac ist. "Kennen
isch, zwei Pack, sechs Pack, kennen isch all!" Riesendiskussion... "Ah watt, hüre mohl, als
ich noch so jung jewesst wör..."
Thomas Melanie kann es nicht mehr hören und ist jedes Mal abgenervt bis zum abwinken.
Guido: "Soch moh, Mällaanii-eeeee, du siehs üüs, als wören dirn Luus üvva de Leber
jeloofn...." Sie noch mehr abgenervt. Klar. Musste sich das ja bereits jahrelang anhören,
mehrere Abende die Woche. Wenn der Guido zum "einen zwitschern" kam.
Irgendwann lässt sich der Leis von seiner Frau nach Hause gondeln, gut gemacht, und
der Schmidt lötet sich wie gewohnt einen ins Blech und fährt dann nach Hause, weil er
Guidos Geschichten schon von klein auf mit anhören musste. Wir aber nicht. Also feiern
wir weiter! Und zwar den Guido ab!
Guido entdeckt einen Glasbehälter mit watt zu trinken drin. "Hüre mohl, watt is denn doh
drin?" Thomas kleine Schwester: "Yoghurt-Schnaps." Hat sie selber liebevoll zusammengemischt.
Guido: "Tu ma rübba." Sie: "Mit oder ohne Alkohol?" Guido (entsetzt!): "Joh MIT Sprit! Ich
glaub ich werd waahnsinnich!" Dann füllt er großzügig mehrere Male alle Pinnchen, motzt,
das er den Alkohol nicht merkt, und ruck zuck ist alles ausgetrunken. Guido: "Joh, dat wa
abba n kurzes Vergnügn. Jetz sitzen ma hier und wissen nitt watt ma tun solln."
Von neun Uhr Abends, bis fünf Uhr morgens, als wir uns pennen legen, in einem durch, und
nur zum uppmaachen manchmal eine Sekunde Pause. Und selbst als tatsächlich alle ein
Schlafgemach gefunden haben: Guido nimmt sich ein Stück Brett, auf dem er sich selber
begleitet (!), und singt und textet, und lallt sich dabei einen zurecht, das haste noch
nicht erlebt: "Ich sinn der Guido, un ich kümmen vom Flockenberch, ich sinn der Guido,
un ich kümm vom Flockenberch, dann fahren ich rünter zum Ring doch doh gibbet nix zu sehn,
dann drehen ich rümm und fahren zurück zum Flockenberch...Joh, wen hamwa denn doh noch bi
uus? ...och joh, et Schmitz Agathe. Ich sinn Schmitz Agathe, unn ich wohnen am Flockenberch,
ich sinn de janze Tach am schänge....wen hamwa denn doh noch? Ach joh, Müllers Alfred. Dä
Müllers Alfred, die alte Nazisau..."
Wir haben uns beim einschlafen weggekringelt, und als wir morgens aufgewacht sind, war der
Guido weg. Fott. Handy hat frühmorgens geklingelt, er meldet sich wie immer mit: (Pfeif)
"Hier isset Vöjelsche!" Dann hat ihn wahrscheinlich einer zum Frühschoppen eingeladen und
das war´s.
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