Ich habe das großartige Glück einen Vater zu haben der sich perfekt mit Autos und deren Reparaturen auskennt. Das spart unheimlich
Geld. Allerdings ist er nicht nur 100%ig in allem was er macht sondern mindestens doppelt so korrekt.
Beispiel Reifenwechsel: "Komm, junge. Ich ziehe Dir schon mal die Winterreifen drauf. Ist sicherer." Mitte Oktober aber na gut.
Alles klar. Erst wird sich selbstverständlich mal gestärkt. Lecker wat essen. Dann wird feierlich der Blaumann angezogen und während
der ganzen Zeit technische Details durchgekaut und in jeder Einzelheit mir ausführlich erklärt. Ich verstehe nur Bahnhof. Aber wenn er
das sagt wird es sicherlich stimmen. Ich nicke.
Dann muss das Auto erst mal angemessen geparkt werden. Noch ein Stück, noch mehr, so, Stop. Gut. Die Winterreifen waren
selbstverständlich ordnungsgemäß verpackt und gelagert, und das herauskramen, auspacken und kritische begutachten dauert genau so
lange wie ich mir für das komplette Reifenwechseln insgesamt ausgerechnet hatte. Egal, erst mal einen Anruf tätigen und dem Bekannten
sagen das es etwas später wird. So. Geschafft. Karre aufbocken. Aber was ist das? Da hat der Vater irgendetwas unter dem Auto bemerkt
das ist ihm nicht geheuer. Also, feierlich die Decke gegen Bodenkälte vors Auto gelegt. Man ist ja auch nicht mehr der jüngste...
Oh oh! Jetzt ist doch tatsächlich so ein Dings verschlissen. Nein, das ist nicht gut. Der muss neu sein. Zum Glück ist so ein neues
Dings gerade zur Hand und auch fix eingebaut. Toll. Das alte Dings wird mir natürlich fein säuberliche erklärt. Größe, Ausführungen,
Verwendungsmöglichkeiten etc...
So, kaum ist meine Lieblingskassette durchgelaufen geht's auch schon dem ersten Reifen an den Kragen. Steimelhagen Bier am Kragen.
Nachdem das Restprofil akribisch genau an mehreren Stellen jeweils außen und mittig nachgemessen und beurteilt wurde ist auch schon
der zweite Reifen dran. Telefon her, Bekannten mitteilen das es noch später wird. Bekannter genervt. Kann ich verstehen.
Später: Endlich! Alle vier Reifen sind runter und vier Winterreifen sind drauf. Jetzt könnte man meinen los geht's. Aaaaber zu früh
gefreut mein lieber Freund und Kupferstecher. "Wann hast Du das letzte Mal öl nachgeguckt?" Strafende Blicke. Nach ordentlicher
Standpauke Haube auf. Noch mal Termin beim Bekannten verschieben. öl kontrollieren. Anhören, wie man öl richtig kontrolliert,
nachfüllt und sogar wechselt. Reinfüllen, warten bis es runtergelaufen ist , kontrollieren, Vorgang wiederholen bis das öl genau
auf der Markierung ist. Das dauert!
Lieblingskassette schon wieder rumdrehen. ähnliche Vorgehensweise beim Kühlwasser und beim Putzwasser. Oder so. Oh, was sehen seine
getrübten Augen da? Ein Käbelchen, was nicht weiter wichtig ist für die Fahrbereitschaft des Automobils aber dennoch funktionstüchtig
sein sollte tut es nicht mehr. Oder ist vielleicht etwas anderes kaputt? Etwa ein Dings? Lieblingskassette in den Mülleimer geschmissen
weil sattgehört. Bekannten anrufen, absagen. Zuhören wie überbrücken und so was alles funktioniert. Im Motor hängend, unterm Auto
liegend, im Fußraum kauernd. Und, wer hätte es geahnt? Ein Lämpchen im Armaturenbrett funktioniert nicht. Lustigen Sicherungskasten
kennen gelernt mit lauter bunten Dingern.
Bedienungsanleitung laut vorgelesen und darauf geeinigt das die dritte Sicherung von links der übeltäter sein muss. Falsch! Birne
bestimmt im Arsch. Ja, bestimmt. Echt keinen Bock mehr! Ich könnte heulen. Bekannten angerufen, soll mich abholen. Es wurde schon
dunkel. Sinnlos ins Koma getrunken, morgens nach Hause fahren lassen.
Und siehe da die Sonne geht auf: Vorm Haus stand ein penibel geputztes und auf Hochglanz poliertes und im Innenraum gesaugtes und öl
aufgefülltes und sogar Vollgetanktes und Reifengewechseltes und alle Birnchen brennendes und drei PS stärkeres und Dings gewechseltes
und Kabel ausgetauschtes und was weiß ich nicht noch alles getanes und Scheiben geputztes wunderschönes, nett anzuschauendes Standgas
eingestelltes Automobil.
Das Leben kann so schön sein. Das sollte ich öfter machen, so einen Nachmittag nur der Vater mit seinem Sohnemann. Den er liebt. Sein
einziger. Auf Dein Wohlsein, Papa, Prost.
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