duschen ist KEIN heavy metal
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Wohlstandskinder, Schrottgrenze, Essen Zeche Carl, Mittwoch 29.09.04
Ganz entspannt in den Bus steigen, lecker Bier öffnen, Frank muss nämlich morgen arbeiten und fährt deshalb nach dem Konzert zurück nach Köln. Ausgezeichnet! Konzerte in der Woche haben was für sich, denn nicht nur die Rückfahrt ist gesichert, sondern auch ein prima Grund für sein eigenes Gewissen, warum man denn mitten in der Woche säuft statt Fahrrädchen zu fahren und Spinat und so eine Scheiße zu fressen. Aber egal.

So. In Essen angekommen sieht es fast so aus, als wären kaum Leute da. Wäre ja auch an sich kein Wunder, wer geht schon Mittwochs saufen? Also welcher normale Mensch? Hm. Aber weit gefehlt. Nachdem die vierzehn Euro Eintritt gelatzt sind (zum mitschreiben: vierzehn Euro! Rund 28 Deutsche Mark! Cirka 3000 Slotti! Drei Kästen Schloss!) sind doch tatsächlich mehr als genug vorwiegend recht junge Leute in der kleinen Halle der Zeche, und auch wenn ich nicht nachzähle sollen es rund 300 zahlende Gäste sein...

300 Leute?

An einem Mittwoch?

Bei DEM gepfefferten Eintrittspreis?

Ich entschließe mich, noch neidischer zu sein, als ohnehin schon! Dreckssäcke! Aber ein guter Grund vorm Konzert noch mal raus in den Bus zu gehen und Billigbier zu süppeln, denn die Frau am Eingang hat das Geld, was ja eigentlich für genügend Bier reichen würde. Eigentlich!

Fehler! Was sehe ich draußen? Ein Haus auf Rädern, genannt Tourbus...das darf doch nicht wahr sein. Totale Unverschämtheit! Selbst wenn man die endgültige Heilung gegen Hakennasen und krumme Beine in Tablettenform erfunden hätte, hätte man noch längst nicht so ein nobles Ding verdient! Verdammt! Meine ganze Abschwallerei von wegen „die haben sich da ja verdient bla“ nimm ich sofort zurück! Säcke! Säcke Säcke Säcke Säcke!

Ich beschließe meinen Neid in Alkohol zu ertränken, und kriege Gesellschaft vom Beni Köbisch und vom Fö, der aber heute Fahrerarsch ist und deshalb nur zugucken kann. Hä! Mal drei Stunden ohne saufen tut auch dem nicht weh! Also jedenfalls nicht ernsthaft. Dafür ist der Ex-LAKANUKIE-Mercher Elco auch da, und ganz nebenbei, so ganz zufällig halt, stramm wie die Hölle! Lädt mich auch noch ein hinterher n bisschen uppzumachen und in der Stadt zu bleiben. Ja, klar, und morgen beame ich mich einfach nach Hause...

So, SCHROTTGRENZE legen los, Sound geil, wahrscheinlich wohl weil der ach-ihr-müsst-schleppen-ich-geh-dann-mal-nach-Hause-Bachner mischt! Tja, mittlerweile kann ich alles mitsingen alleine vom Live hören. Aber trotzdem: Macht mit jedem mal wieder Spaß, und sogar immer wieder ein bisschen mehr. Müller, der Gitarrengott, lässt seine Matte wippen, der neue Basser macht, was man als Basser halt so macht, nämlich cool rumstehen und dabei geil aussehen beim Tönchen zupfen, und der zweite Gitarrenhengst titscht hübsch in der Gegend rum. Der Sänger/Drummer macht einen amtlichen Job, und zwar mit schönen Blackmetalshirt, gibt ne eins plus mit Sternchen, und mit jedem Konzert tun mir die Jungs wegen ihrem Bandnamen ein bisschen mehr leid, denn eigentlich machen die sehr ähnlichen Kram wie die WOHLSTANDSKINDER, halt nur ne Ecke verrockter, und deshalb passt der asselige Namen SCHROTTGRENZE überhaupt keinen Meter. Und ich schätze, das ist dem Erfolg nicht unbedingt besonders zuträglich! Is ja klar: Bisse Assel, kennst die Band nich, liest den Namen, gehst natürlich hin und dann kommt da „viel viel waitagäääääääiiiin...“. Klar: Bisse Assel, findste scheiße! So. Bisse Kiddi, magst schöne Melodien, liest den Bandnamen, gehste erst gar nich hin. Koofst auch bestimmt keine CD. Willst auch von Deinem Freund erst gar nix vorgespielt bekommen. Is ja klar...

Na egal, den Leutchens ist das scheißegal, die haben beim Kinderpogo und mitschreien eine sehr gute Zeit, und das nicht zuletzt wegen der grandiosen Hitauswahl, da fehlt aber auch bis zum letzten Stück „Reibung, Baby“ gar nix! Daumen mal wieder hoch!

Dann die Wohlstandssäcke. Die, die vor schlappen 300 Leuten spielen. Mittwochs! Ich pack mir ann Kopp! Sound geil, Licht super, alles wirkt superamtlich und aalglatt. Ist man ja schon gewohnt. Allerdings ist es dieses Mal noch ne Ecke runder, weil Bandnutte Bruno ganz geschmeidig zu abgesprochenen Zeiten neue Gitarren bringt, während das Licht aus ist, was nicht länger als zwei Sekunden dauert. Das nennt man dann wohl erste Bundesliga. Herzlich Willkommen!

Hier und da kleinere Spielfehler kriegt keine Sau mit, weil die Leute an Tobis Lippen kleben wie der Blutegel an der Arschbacke, und auch wenn ich glaube zu merken, das die musikalische Routine der Band fast schon zu angeödeter Langeweile wird, haben die Jungs im Publikum ihren ersten Ständer, und die Mädels laufen förmlich aus, genau wie man sich das als Band wünscht, und derweil stellt der Türk seine Klampfe des öfteren lässig auf und Caddy wirbelt mit seinen Stöckchen lustig überm Kopf rum, an sich kammadanichmeckern.

Ab nach oben auf die Tribüne, und Fö merkt an, das er noch nie hier oben war, und das man einfach mal viel viel weitergääin muss, und schon hat man eine super Aussicht. Recht hat der Fö! Und auch von hier oben sieht die Sache unglaublich geschmeidig da unten aus, wobei hier oben einige Mittzwanziger stehen, die scheinbar keinen Bock auf das Geschubse haben. Also nicht nur Kinder hier, Vorurteil widerlegt.

Tja, da kann man nur beide Däumchen ganz weit in die Höh´ recken, coolomat! Geiles Konzert Ende. Ein Mädel schwärmt volles Pfund von dem, der immer die Gitarren bringt, und ich verspreche ihr großkotzig, das er dem ein oder anderen Punkt bestimmt nicht abgeneigt ist. Also Bruno ranrufen, aber der brüllt von der Bühne runter das er keine Eulen schießt (wie charmant kann ein Mensch eigentlich sein?).

Also das ist ja ein so dermaßen faules Eigentor, das zählt ja direkt für zwei! Keine Eulen schießen? Hält der sich für was besseres? Außerdem will ich erst gar nicht wissen, ob der nicht schon mal von Rechtswegen her den Eulenpokal bei sich zu Hause hätte stehen haben müssen! Aber na gut, mir egal, das arme Mädel ist wahrscheinlich frisch verliebt und aufgrund des Misserfolgs doch leicht betröppelt, egal, saufen, ab nach Hause. Morgen muss der Frank ja arbeiten, morgen ist ja schon Donnerstag, und ich würde sagen, auch wenn 14 Euro unverschämt viel für ein Konzert sind, kriegt man hier wenigstens ein bisschen mehr geboten als ein paar besoffene, unfähige Spinner, die besser in der Schulaula aufgehoben wären! Auch wenn die Bandnutte todsichere Punkte verschenkt. Amen.

Aber noch mal soviel blechen muss ja trotzdem nicht unbedingt sein, außer vielleicht, wenn Frank mich demnächst zu DISSECTION schleppt. Prost. KOLLEGE 10/04

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