duschen ist KEIN heavy metal
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16.Januar 2005 UMBRA ET IMAGO, NFD, Zeche Carl, Essen
Meine Fresse, die ganze Uppmacherei macht so herrlich brack wie Arsch, und dann kann einem auch die dämlichste Idee gar nichts mehr anhaben, deswegen sage ich dem Maks, dass ich gleich mal nach Essen komme ein bisschen weiter uppmachen, denn da ist wohl in der Zeche irgendein Konzert. Mehr muss ich nicht wissen. Paar Bier einpacken und ich trinke mir die Idee einfach unterwegs schön.

Damit ich es auch ja noch pünktlich schaffe, latze ich einundzwanzig Euro für den ICE, aber was sind schon einundzwanzig Euro wenn es ums uppmachen geht? Na eben.

Die Wegbeschreibung ist echt nicht schlecht, aber bei der letzten Straße muss ich noch mal so eine Omma fragen, und ich schmeiße mich ja fast in den Graben als ich höre, dass die den absolut feinsten Ruhrpottdialekt aufs Parkett zaubert. Ich kann mich gar nicht drauf konzentrieren was die sagt, weil das so geil klingt, wie die das sagt (…datt iiss dann getzn da liinx rüübba…). Och bitte, les mir doch irgendwas vor, scheißegal was! Meinetwegen was aus dem Telefonbuch! Ganz grandios!

Ja, Maksomat wohnt in Altenessen, ich dachte immer, das wäre eine hervorragende Asigegend, aber kein armer Schlägerproll haut mir sinnlos eins in die Fresse, tja, um so was geboten zu kriegen muss man wohl schon Beni Köbisch heißen und bei den ÜBERMENSCHEN singen. Na egal.

Jedenfalls ist der zukünftige Oberbürgermeister von Essen, Herr Stadtmann, auch da, und verkündet, dass gleich UMBRA ET IMAGO spielen. Geil! Lack- und Lederladys, da stehe ich ja total drauf! Also grade um die Ecke biegen und schon stehen wir vor der Zeche Carl, allerdings haben die Lackleute da irgendwie nicht genügend Anstand, vor der Türe zu stehen und zu saufen, was für Anfänger! Alles muss man sellba machen.

Der westfälische Hengst, der bei Pank im Pott auch seinen Pimmel präsentieren musste, kommt auch, und ich schlage vor doch kurz aufm Parkplatz auf den zu warten. Stadtmann guckt ungläubig zur Tür von der Zeche, da weht grade ein Dornenbusch vorbei und irgendwo bellt einsam ein Hund, und er, ganz lässig: „…ähm…ich glaube wir finden uns da am Eingang schon irgendwie…“.

Maks macht mal ganz geschmeidig klar, dass wir hier keine 19 Euro aufn Tisch blättern müssen, und schon stehen wir im recht gut gefüllten Innenraum. Aber was, bitteschön, sind denn das hier für läppschomate Düsterladys? Also die meisten hier können so in etwa gar nichts, und die, die sich Mühe geben, können auch nichts. Verdammt! Jetzt habe ich schon einen im Kahn, da braucht es doch nicht viel dass sich Sabberfäden von meinen Lippen ziehen, aber selbst die Ladys an der Hundeleine sind keinen zweiten Blick wert! Verdammt, wenn man sich den Lackscheiß nicht leisten kann, dann soll man das sein lassen, und sich nicht ein Loch ein einen Vorhang schneiden, wo man dann den Kopf durchsteckt, und sich dann einbilden das sei jetzt sausexy! Scheiße, datt soll hier echt schon alles sein? Lappenpack.

Jedenfalls spielen grade NFD, und im Publikum wird artig traurig vor sich hingeguckt, was allerdings bei so einer grandios langweilen Performance prima passt. Die Band in Standardbesetzung guckt auch im Kollektiv auf den Boden, was in erster Linie daran liegen mag, dass es ja auch todlangweilig ist, vier Akkorde im Zeitlupentempo rauf und runter zu nudeln. Naja, dafür sind die Samples sauleise, da habe ich wenigstens was zu lachen. Findet aber sonst irgendwie keiner witzig. Aber total geil: Auch wenn alle Leute im Publikum nur blöd rumstehen, als hätten sie sich komplett brack gequarzt, und die sich gegenseitig immer ein paar Zentimeter Platz lassen, wird man konsequent nicht nach vorne durchgelassen, so von wegen „mein Platz book book“… Fratzige Düstergestalten. Herrlich!

Aber ist ja alles scheißegal, ich sehe jetzt UMBRA ET IMAGO für lau, also erstmal zwei Becher Wegzehrung auffe Faust. Prost. Dabei lerne ich die Exfrau vom Schlagzeuger von EISENPIMMEL kennen und falle anständig wie ich bin auf die Knie!

So, dann nehmen die Herrschaften aus der Band Aufstellung auf der Bühne und los geht die wilde Fahrt. Das Publikum bewegt sich auch weiterhin konsequent nicht vom Fleck weg, gähn, und nur ein paar Ladys schunkeln in der Gegend rum, aber immer schön vorsichtig, sonst ist nachher noch der szeneninterne Rumsteh-Ehrenkodex kaputt. Oder so.

Die Band ist auch relativ unspektakulär, und die Instrumentalisten wirken wie Kölschrocker, so richtig mit Dauerwelle und Fuß mitwippen, herrlich! Alleine der Sänger macht irgendwie alles richtig, so schön weiß geschminkt und mit übertriebenen Gesten. Nur was er mit seinem Stöckchen da will, wo so ein rotes Lämpchen immer wieder in Publikum blinkt, weiß ich nicht genau. Hm. Blink blink. Auch hier wird probiert ein bisschen düster zu sein, aber nicht düster von wegen Dunkelheit, Tot, Schmerz und der ganze Scheiß, sondern eher so total harmlos ein bisschen traurig wie ganz langsame CURE oder eher noch DEPECHE MODE! Und ich bin nicht gerade der allergrößte DEPECHE MODE Fan.

Naja, das Beste daran sind die zwei Bandladys, die erstmal ein paar Kerzchen festhalten, wahrscheinlich damit der Schlagzeuger nicht neben sein Trömmelchen kloppt, und sich hinterher ausziehen. Naja gut, die könnten vielleicht mal was essen, aber trotzdem saucool: Die eine zieht sich bis auf Stiefel und halterlose Netzstrümpfe ganz aus (!), und lässt sich dann in feinster Fesselspielchen-Manier aufhängen, aber amtlich mit Armen und Beinen hinterm Rücken! Das ist ja schon mal perfekt! Aber dabei zuckt die Lady nicht mal mit der Augenbraue, und guckt todernst ins Nichts! Ausgezeichnet! Perfekt! Volle Punktzahl! Alles richtig gemacht! Wenn die Musik jetzt vielleicht noch ein bisschen was könnte, dann könnte man glatt seinen Hut ziehen, aber leicht übertrieben formuliert rockt die Band alles so gnadenlos in Grund und Boden wie ein vorbeifahrender Müllwagen!

Jedenfalls bin ich komplett enttäuscht, dass solche Götter wie UMBRA ET IMAGO so öde da auf der Bühne rumpurzeln. Aber naja, scheißegal. Watt nix kostet is nix Wert! Hat de Omma immer schon gesacht, un die musset ja schließlich wissen!

Ja, dann ab zu Maks Bully, Bier holen, dabei geht mein Biervorrat zu Bruch, scheiße, ich säbel mir noch einen Finger ab, aua, wir latschen zum Maks nach Hause, zwei Ladys mit, eine stocknüchtern aber mit einer Engelsgeduld, die quarzen noch, ich feg mir ein Schnäpperken hinter die Binde, ob der Maks jetzt punktet weiß ich nicht denn ich muss mich auf das grandiose ÜBERMENSCHEN-Video konzentrieren, gar nicht so einfach wenn man auf Entfernung nicht mehr scharf sehen kann! So, Haia machen, aufstehen und einen Bummel durch die langweilige Essener Innenstadt. Nicht einen scheiß Tittenladen finde ich, bei den Dönerbuden gibt es kein Bier, Verhältnisse wie in Berlin, unverschämt, aber einen saucoolen Laden gibt es da mit super T-Shirts, Schuhen und sogar coolen Fetisch-Klamotten, da hätten sich die Ladys von gestern auch mal besser eingekleidet!

Jedenfalls nehme ich zurück diesmal nicht den teuren ICE, ist doch total für den Arsch, sondern den stinknormalen NRW-Express, und lustigerweise braucht der auch nur eine Stunde, genau wie gestern der scheiß ICE, kostet aber nur acht Euro, und nicht einundzwanzig… Ich bin total begeistert. Aber auch das kann man sich egal trinken, was sich hinterher als ziemlich jescheit herausstellt, weil meine Frau mich umgehend ins Kino zerrt, und ich dann zum Glück nicht viel von dem erbärmlichsten Scheißfilm der Welt Ocean´s Twelve ertragen muss! Prost. KOLLEGE 01/05

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