duschen ist KEIN heavy metal
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25.05.2003, Columbiahalle (Berlin):
Während unserem doch recht männlichen, mehrtägigen Trip nach Berlin stand ausschließlich TURBONEGRO im Mittelpunkt unseres Interesses. Na gut, neben Bier, Ernst T. und Dönerbuden.

Caddy vom Flughafen abholen, der elegant in Gehhülsen bekleidet daherkam und ab vor die Halle. Da bot sich ein Anblick von Gottes Gnaden: Lange vor Einlass standen schon 150 komplett verrückte und tätowierte vor der Halle, und alle mit obligatorischen Turbojugend-Jeansjacken und einige stilecht mit Matrosenmütze. Respekt. Die Einstelligenquote war hier nicht leicht auszumachen. Auf der einen Seite waren hier massenhaft fast-Einstellige, was aber ein Faktor von schlappen null bedeutet. Egal. überraschenderweise war das Konzert NICHT ausverkauft! Was soll das denn bitte? Ich hatte gehofft die Turbojugend würde schon ewig vorher alle Karten in Händen halten, also in Köln ging das ohne Probleme. Na ja, musste ich wenigstens nur den normalen Preis an der Abendkasse zahlen.

Um der Ehrlichkeit Rechnung zu tragen: Vorher war ich ja kaum vom Turbovirus befallen. Ich fand das zwar alles ganz nett, aber erst da begann ich zu begreifen...

In der Halle spielte gerade AMULETTE. Paar mit Absicht tuntig geschminkte Typen machen einen auf kleinen Bruder von Turbonegro. Die haben auch ganz gut gerockt, aber die Meinungen gingen wie immer auseinander. Den Sänger fand ich zu peinlich, mit seinem Stirnband und seinen 80er-Jahre Tanzbewegungen. Aber sogar der Frank fand die OK.

Natürlich haben wir die erste Reihe besetzt, und mit den äußerst netten Damen neben mir konnte man sich prima unterhalten. Eine davon hat das ganze Konzert über getanzt. Das alleine wäre ja noch nicht so spektakulär, aber das der Frank dicht gedrängt daneben stand und sich sichtbar wohl gefühlt hat ist dann doch schon amüsant...

Na gut. TURBONEGRO! Licht aus, Gekreiche, Gänsehautfeeling. Mein Gott! Da kommt doch jetzt eine ROCKband! Intro von der neuen Platte, Licht, kurzum alles was eine zünftige Rockshow zur Eröffnung so braucht. Alle kommen auf die Bühne, kurz abwinken und abfeiern lassen, go! Tatsächlich: Die Jungens können ja wirklich lässig Arsch treten. Die komplette Show ist zwar eindeutig mit allen Showelementen abgesprochen und einstudiert, aber trotzdem ziemlich cool.

Gitarrist Rune Rebellion süppelt in jeder Stimmpause Wein aus einem edlen Weinglas und trägt selbstverständlich die ganze Zeit über eine dieser Fliegerbrillen mit den großen Gläsern. Außerdem bewegt er sich keinen Millimeter und wirkt recht zufrieden und amüsiert über seine Fans. Mit seiner Latzhose wirkt er recht witzig.

Natürlich sind alle stilecht geschminkt, die wissen was sich gehört und was die Fans erwarten. Nur der Drummer wirkt wie frisch von der Straße geholt, also ganz normal und komplett in Jeans. Der macht den absolut lässigsten Eindruck von allen!

Bei "I Got Erection" gibt es natürlich die "Assrocket" im Arsch vom Sänger. Genau so selbstverständlich wird vor "Drenched In Blood" ein Kübel mit roter Flüssigkeit in die ersten Reihen geschüttet. Hübsch widerlich, ich war froh verschont geblieben zu sein. Die Leute, die die komplette Ladung abbekommen haben gaben sich losgelöst als wären sie gerade getauft worden. Cooles Bild.

Bei "Prince Of The Rodeo" reitet Euroboy elegant auf den Schultern von Pamparius. Euroboy sieht übrigens äußerst verhungert aus, so richtig abgemagert, aber dadurch natürlich keinen Meter weniger cool. Und rein Solotechnisch macht der da echt gute Sachen, auch wenn die Gitarre nur ein einziges Mal senkrecht stand, und zwar ganz am Ende. Ich habe aufgepasst!

Eine verdammt geile Ansage: "We are not here because we want to, we are here because we have to, because we have to educate you, because you still have a lot to learn in Rock n Roll!" Das natürlich im feinsten nordischen Akzent und mit versteinertem Gesichtsausdruck. Volle Punktzahl.

Die Vorstellung jedes einzelnen Bandmitglieds war auch nicht weniger überflüssig als bei jeder anderen Band auch, aber es war trotzdem schon überwältigend zu sehen, mit welcher Hingabe und gleichzeitig mit welcher Ironie jeder einzelne (!) von vorne bis hinten abgefeiert wurde. Meine Fresse, das macht Spaß.

Als Gaststar kommt der Sänger der Vorband für einen Hit und es zeigt sich das es fast unmöglich ist so erhaben wie Turbonegro zu wirken. Im Marilyn Monroe-Stil gibt der Sänger noch ein "Happy Birthday" für den Präsident der Turbojugend von sich und der Keyboarder wälzt sich später beim ausflippen über seine Tasten. Am Schluss macht Euroboy noch ein bisschen Krach indem er seine Gitarre über einen Stahlhelm gleiten lässt, der Bassist küsst die Turbonegro-Aufschrift auf seiner Matrosenmütze und schon beendet das Intro der "Apocalypse Dudes" eine wirklich verdammt coole Show!

Irgendwann wurden Geldscheine in die Menge geschossen. Drauf stand "One Zillion Dollars" und in der Mitte war wohl auf jedem Konzert der Tour eine andere Fresse von einem aus der Band. Ich bitte also so einen Asi-Security-Typen mir doch bitte so ein Schein vom Boden zu geben. Der schüttelt den Kopf und dreht sich weg. Noch während ich lachen musste, weil ich ihn so herrlich asozial fand, und das trotz oder gerade wegen seinem Job, da bringt er mir schon eine Hand voll Scheine. Cool, Danke! Eigentlich hätte ich jetzt mehrere von den hübschen Sammlerstücken, aber hinterher wollte der Schubbert einen, der Frank auch, ich glaub der Mieschka auch (und der Papst und Bernd Brot...) und nur weil der Frank zufällig selber schon einen hatte durfte ich auch noch einen behalten. Danke Jungs, ihr seid echte Freunde, echt prima Kumpels. Einen auch für mich! Nett.

Doch, aber alles in allem kann man nicht motzen. In Köln soll die Show angeblich nicht so prima dahergekommen sein. Tja, Pech für euch, Glück für uns. Die Aftershowparty haben wir uns nicht mehr gegeben, ich glaub weil die Eintritt gekostet hätte oder so. Egal, Turbenegro must be destroyed!

Prösterchen.

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