STONE THE CROW, ZOMA, SICK&WIRED, MTC Köln, 27.Januar 2005 |
Der dümmste Bauer erntet die dicksten Kartoffeln!
Eigentlich sollte ich ja heute im Studio sein und unsere neue Platte mit
unglaublich gutem Gitarrenriffspielkram veredeln, damit unser Label
sich demnächst das Scheißhaus vergolden lassen kann, aber als
anständiger Rockstar lässt sich der Clausomat natürlich dermaßen viel
Zeit mit seinem Gitarrenblödsinn, dass ich total spannend den ganzen
Tag zu Hause sitzen und meine gammlige Pornosammlung abfeiern darf.
Pornos werden leider nicht spannender, je öfter man die guckt.
Aber ich beschwere mich nicht, denn so kann ich auch die neuen
Videoclips auf Viva sehen, unter anderem vom Business-BUSHIDO und
MARTIN KESICI als Höhlenmensch! Herrlich.
Naja, auf zum Selbsttest: Ich packe mir fünf Bier und sieben Euro ein,
immer in Gefahr. Die müssen heute reichen, weil ich morgen nämlich
wieder Belege sortieren muss. Nervenzerfetzend! Kollege sortiert
Belege, ohne Fenster ohne Licht, bald hab ich Arthritis, bald krieg ich
die Gicht… Aua.
Ab zum Frank, und da sehe ich, zum ersten Mal nüchtern, das
un-glaub-liche Livevideo der DIE THE ATOMAREN ÜBERMENSCHEN in der Zeche
Carl! Leck mich doch am Arsch: Was eine arschgeile Band! Was ein geiler
Schubbert-Pimmel! Und was ein Wahnsinnsgitarrist!
Naja, alles scheißegal, ab ins MTC, fünf Euro, drei Bands, das ist OK,
und außerdem bleiben mir dann noch starke zwei Euro um mich nach Strich
und Faden zu besaufen!
Die erste Band heißt SICK&WIRED, Fünfmann-Crossover mit DJ aus dem
Westerwald, das liegt nur ein paar Kilometer neben dem mächtigen
MORSBACH! Und die Band haben wir schon vor sechs Jahren irgendwo in der
Wallapampa gesehen. Dass es die immer noch gibt, alle Achtung!
Musikalisch bieten die recht kantigen, aber ziemlich coolen Crossover,
der wirklich lupenrein vorgetragen wird, was nicht zuletzt daran liegt,
das der Stöckchenschwinger da hinten des Öfteren auf Klick spielt.
Sieht zwar gewohnt scheiße aus, so mit den dicken Ohrwärmern aufm Kopp,
wo der Klick in der Gegend rumklickt, aber kommt vorne halt doppelt gut
an. Däumchen hoch! Allerdings bleibt die Sache auch ordentlich
semihart, sprich die Sache driftet nicht ins New Metal-Lager ab. Kann
man von halten was man will, aber so ab und an mal kräftig in die
Fresse würde den Jungs auch gut stehen. Na egal. Was allerdings gar
nicht geht, ist die Deutschrock-Fußmitwipperei vom Basser, auch noch in
Verbindung mit einem Bass der vorm Bauch hängt! Also bitte! Aber das
bisschen Rumscratcherei vom Plattenkratzer da hinten ist schon ein
bisschen lässig.
Trotzdem bilde ich mir ein durchgängig Dorfrockflair erkennen zu können…
Leider zähle ich nicht mal schwache 30 Leutchen vor der Bühne, und
vielleicht noch mal eine Handvoll da hinten am anderen Ende der Theke,
wo man die Bands nicht mitbekommt. Ist ja auch richtig. Konzert? Geh
ich hin. Will ich aber nix von sehen!
Naja, jedenfalls könnte ich glatt ein schlechtes Gewissen kriegen, denn
eigentlich müsste ICH jetzt da stehen und nur für die anderen Bands und
deren Freundinnen Musik machen, und zwar mit FAT LIAR CAT, wenn ja
schon mal zwei Plattenteller da stehen. Aber der dickste Bauer fängt ja
bekanntlich die dümmsten Kartoffeln.
Wie auch immer, nette Band, könnte man sogar zu tanzen, macht aber grad
keiner, allerdings gibt es satte Null Posing-Abgeh-Punkte! Leider. Aber
ich gebe trotzdem Mal ein Däumchen hoch! Frank findet die totale
Scheiße.
Raus, ein Euro ein Bier, und einen weiteren Euro halte ich eisern in der
Hinterhand, man weiß ja nie watt so kommt! So. Wieder drinnen
Kreuzübern sich grade ZOMA einen Wolf. Fünf Männekes, ein Keyboarder.
Igitt! Allerdings geht der am meisten ab, brüllt mit und nimmt sich mit
seiner Melodieklimperei zum Glück sehr zurück! Aber der macht die Show!
Die anderen gar nicht. Hm. Musikalisch gleitet die ganze Sache auch
lustig wie ein Schlittschuh, ist allerdings noch eine ganze Ecke
kantiger als SICK&WIRED, aber auch nicht wirklich hart, sondern halt so
Crossover-Zeux. Und dass man dazu einwandfrei tanzen kann beweist die
Lady neben mir, die wirklich konsequent abzappelt. Echt zäh.
Der Sänger scheint sich bei den Räppediräpp-Parts wohler zu fühlen als
bei der Singerei, jedenfalls fuchtelt er zumindest da ein bisschen mit
den Fingerchen. Yo! Also alles hier schon ein bisschen eigenständig,
aber uneingängig wie…keine Ahnung…ne abgeschlossene Balkontür. Watt
weiß ich. Aber muss man sich auch erstmal trauen, und es sind auch ein
paar richtig knackige Ideen da irgendwo unter dem eher lahmen
Überkreuz-Kram, also gib ich auch hier ein erhobenes Däumchen! Unnötig
zu erwähnen: Frank findet die noch beschissener als die Band vorher.
So. Hoch zum Kiosk, jetzt gebe ich es mir richtig! Ich hole mir ein
ganzes Bier! Wahnsinn! Und bin pleite.
Naja, unten Band Nummero drei, leider immer noch nicht mehr Leute, aber
dafür hat die Band scheinbar auch nicht so richtig Lust. Tja. Trotzdem
liefern die vier Jungs hier amtlichen Kram ab! Zwar ist auch hier
nirgendwo der Hit zu finden, der im Ohr bleibt, aber was so semiharte
Kreuzschmerzen-Tanzmusik angeht, da groovt die ganze Sache super, und
die verzerrte Gitarre mäht zwar keinen Grashalm nieder, aber dafür
klopft sie ganz nett an, zieht sich die Schuhe aus und trinkt einen
Fencheltee mit. Das scheint hier auch Sinn und Zweck zu sein.
Der Sänger hampelt wenigstens ein kleines bisschen rum, aber der Löffel
mit dem Rampensau-Gen ist an dem damals auch ganz bestimmt
vorbeigereicht worden! Jaja, da geht es ja um die Musik… Palaver
Rababer.
Wie auch immer, der Sänger trumpft schön mit prolligem In-Ear-Monitoring
auf, das man laut Frank „in so einem Riesenschuppen wie dem MTC auch
unbedingt haben muss“, auch hier gibt es keinerlei Show, keine
Animationen, keine Hüpferei, kein gar nix, außer eine tighte Band mit
schön unspektakulärem, tanzbarem Kram.
Fies ausgedrückt sind diese Groove-Begleitungen austauschbar wie die
Drei Akkorde jeder Schabbels-Punkrockband und schon seit acht Jahren
aus der Mode, nett formuliert sind das moderne Popbands mit rockiger
Gitarre und fetten Beats, Alter!
Ey, Alter, fette Location, Party gerockt, krasse Beatz, Skillz gecheckt
popeckt geleckt eingezeckt verreckt verdreckt angeeckt… Lirum Larum
Löffelstiel.
Jau, alles klar. Draußen vorm Kiosk steht wieder die Lady, die beim
A-Team in Trier ein Jahr lang gesoffen hat und jetzt in Köln wohnt, und
was macht die natürlich hier? Upp. Wen wundert´s? Und sie hat auch
wieder ihre Freundin dabei mit den schwarzen Haaren, den alten
Motzknochen. Also die hat das Prinzip „Olle sein“ nicht nur verstanden
sondern auch perfektioniert: Immer nur book book book!
Naja, jedenfalls verpissen wir uns rechtzeitig, damit wir unsere Bahnen
noch kriegen, und selbstverständlich fährt mir meine vor der Nase am
Neumarkt weg, und ein super Spurt zum Rudolfplatz bringt mir nur, dass
mir die scheiß Bahn zum zweiten Mal innerhalb einer Minuten vor der
Nase wegfährt, und ich eine Stunde im verkackten McDonald´s Fritten
fressen kann, für die ich echt noch Geld von der Bank holen muss. Um es
mal mit Ruhrpottdialekt sagen zu dürfen: Scheiße mitti Scheiße!
Dafür sitze ich am nächsten Morgen frisch wie der junge Morgentau im
Kämmerlein bei meinem Nebenjob und sortiere Belege nach Nummern, und
dafür werde ich vom Chef höchstpersönlich als „Ass im Ärmel“ betitelt!
Ja! Früher fand ich meinen Chef immer doof, jetzt finde ich meinen Chef
total super! Außerdem muss ich jetzt nichts mehr schleppen, keine
Fritten oder Würste einräumen und kann die ganze Zeit Kaffee
schlabbern. Ich sage es ja: Die dicksten Kartoffeln graben die tiefsten
Gruben! Prost. KOLLEGE 01/05
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