duschen ist KEIN heavy metal
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RUBBERSLIME, Büze Ehrenfeld, Freitag, 18.Juni 2004
Alles ist im Fußball-Wahn, hier ein Tor, da ein Foul, aber keiner hatte soviel Anstand wie wir, beim Spiel Deutschland-Holland frittierte, holländische Würstchen zu fressen, denn wenn man sich einmal alle Feindbilder abgeschafft hat, weil die eh zu nix gut sind, dann lebt es sich wesentlich geschmeidiger!

Lange Rede, gar kein Sinn.

So! Es ist Nachmittag, draußen pisst es wie aus Eimern, und per blödem Computer erfahre ich, das keine Sau Bock hat, draußen durch den Regen zu stiefeln, um vorm Bürgerzentrum (Büze) rumzulungern. Also stelle ich mich auf einen gemütlichen Abend vorm Fernseher ein, wo ich mir einen nach dem anderen runterhole und dabei irgendwelchen Ketchup-Fraß in mich reinbaggere. Wie man das halt so kennt...

Dann allerdings lässt der SELFMADE MILLIONAIRES-Sascha (ebenfalls per blödem Computer) die Welt wissen, das es kein schlechtes Wetter gibt, sondern nur zu wenig Bier! Verdammt, wo er Recht hat, hatter Recht, ab in die Bahn, zack-vors Bürgerzentrum, eins, zwei Bier um etwas locker zu werden (hach, man kann die SUPERFREUNDE gar nicht oft genug zitieren!).

Frank wartet schon, und zusammen geben wir uns die äußerst lässige Rumasselei. Iros, Köter, die ersten werden schon in der Gegend rumgetragen und beim kotzen bestaunt. Aaah, traumhaftes Publikum, mit Leib und Seele dabei. Zu Bewerten gibt es nicht das Meiste, aber Kleinviech macht auch Mist und als Bewerter hat man ja eh nie frei.

So, alles trifft ein, bla blubb, was kostet den der Spaß heute? Neun Euro! Die sind ja wohl bescheuert! Aber wenn man als Band Gagen verlangt, von denen man sich ein Auto leisten könnte, dann muß der gemeine Pöbel halt bluten. Tja, aber wir nicht, wir stehen gut hier draußen, und können bei der Gelegenheit den Schlabberiros mal zeigen, das Punk nix mit Eintritt zahlen zu tun hat! Außerdem sind die sogenannten RUBBERSLIME ja auch nichts anderes als Futter für die Erinnerungen damaliger Punx, und man kann sich wieder totdiskutieren, ob das jetzt Kult oder Kommerz ist, oder beides. Bla blubb peitsch.

Also bei RUBBERSLIME sind zwei Leute (Sänger und Gitarrist) von der Punkrocklegende SLIME, kennt man sogar als gestandener Metaller, von wegen "Deutschland muss sterben, damit wir leben können, Deutschland verrecke..." uffta uffta uffta. Jaaa, genau, damals mit vierzehn und mit erste mal Haare färben und so... So in den 80ern waren das mal Götter, mittlerweile nagt der Zahn der Zeit natürlich auch an den Jungs rum, egal. So, SLIME haben soeben eine DVD rausgebracht. Hmm. Punkrock? Wohl kaum. Geld verdienen? Ja! Aber: Mein Gott, ich würde das wahrscheinlich auch so machen! Wenn alle Welt mir Geld in den Hals schmeißen will, für zwanzig Jahre alten Scheiß, dann wäre man ja blöd "nein" zu sagen, oder verflucht zäher Idealist! Die ganzen Rock-und Metal-Opas machen das ja auch kein Stück anders. Nun gut, damit dürfte das Kapitel SLIME (vorerst) vom Tisch sein, aber wer es braucht, der rennt halt zu RUBBERSLIME, die, wie ich mir sagen lassen muss, zu dreiviertel nur alte SLIME-Scheiße spielen. Na gut, na gut, das macht ja auch ein prima Konzert aus, wenn das Publikum kriegt was es will! Jaja.

So, nach der Hälfte des Sets von RUBBERSLIME wird die Kasse abgebaut, perfekter Zeitpunkt, Bier war eh grad alle, also (mit klitzekleiner Hilfe von Herrn X!) rein. Für lau. DAS nenn ich ma Pank, Alta. Joh, Büze sehr gut voll, großer Pogomob, paar Asseln pennen aufm Boden, aber alles in allem sehr harmlos das alles hier. Man würde ja sonstwas erwarten, aber außer brütender Hitze und einem sehr guten Sound (null Prozent Punkrockfaktor!) erkenne ich nix besonderes. Dann wollen wir mal sehen, was die alten Herren da noch können.

Die Fünfkopf-Band macht den Eindruck von einer lieben Familienpapi-Kapelle, die sich zu Opas Geburtstag zum Spaß zusammengefunden hat um ein bisschen Musik zu machen! Keine Spur von Aggression, nix von Hass aufs System oder sonst irgendeinem Scheiß, ganz im Gegenteil, so wie der Bassist da im Kölschrock-Stil mit seinen Bürotretern im Takt mitwippt, und den Bass unterm Hals hängen hat, könnten die jetzt auch "Verdamp lang her" covern, würde nicht stören.

Na gut, ich bin ja auch voreingenommen, mir haben die SLIME-Sachen nie wirklich was gegeben, aber wenn es so gewesen wäre, wäre ich vom Konzert heute wahrscheinlich sehr enttäuscht. Aber man muß den Opis zugestehen, das sie wenigstens "ehrliche Freude am Musik machen" rüberbringen, und jetzt nicht irgendwelche "aufgesetzte Hasskappen" spielen! Der Gitarrist hat tausend Knöpfchen aufm Boden, und schaltet andauernd um, was einen Supersound macht, aber wie gesagt eher Altherrenrock ist und kein Punk. Gegen Ende kenne ich sogar ein paar Stücke, weil die Jungs natürlich ihre großen "Hits" ganz dramatisch alle am Ende spielen, und da fällt sogar mir als SLIME-Unkundiger sofort auf, das hier die Live-Versionen kotzlangsam, aalglatt und komplett rundgenuckelt vorgetragen werden. Igitt! Das ist ja sogar noch eine Schublade tiefer als Kölschrock! Das kann ja nicht wahr sein! Allerdings schubst der Pogomob sich die ganze Zeit lustig weiter, scheint allen egal zu sein. Hm, soo kritisch bin ich doch nun auch wieder nicht, oder?

Durch einen Amp-Ausfall (oder vielleicht war es auch Zeit für die Medikamente) nerven Basser und Schlagzeuger mit einem Bumm-Bumm-Red-Hot-Chili-Peppers-für-ganz-Arme-Pausenfüller, und ich bin heilfroh, dafür kein Geld ausgegeben zu haben, und während ich so überlege, ob man das hier als würdevolles Altern bezeichnen darf, lassen sich die Jungs zum dritten Mal zurück auf die Bühne bitten. Hö. Aber meine "Filmriss"-Rufe werden dezent überhört. Na, da hört sich ja wohl alles auf! Liebe Leute, da erweist euch jemand die Ehre, der euch scheiße findet, nach Filmriss zu grölen, und ihr tut so, als hättet ihr eure Hörgeräte aus. Arroganz?

Tja, Konzert Ende, ich fand es ziemlich kacke, und um zu sehen, ob ich vielleicht überkritisch bin, hole ich mir Meinungen ein, und DER Sascha bringt es herrlich auf den Punkt: "Das war kein Punkrock-Konzert, das war eine Oldieshow, und RUBBERSLIME sind die STATUS QUO des Punk!"

Meine Fresse, jetzt hatter zum zweiten Mal an einem Tach einfach nur Recht! Jetzt muss aber auch mal gut sein! Tja, dann möchte ich abschließend zusammenfassen, das ihnen das Geld gegönnt sei! Außerdem haben wir dann weiterhin was zu lachen! Aber ist natürlich auch irgendwie schade, wenn eine Legende so schäbbich kaputtgemacht wird. Aber wiederum auch nicht wirklich mein Bier.

Übrigens: In der Musikzeitschrift "Stalker" vom Juli 2004 sagt der Ex-SLIME-Drummer Stephan Mahler über RUBBERSLIME: "Das ist eine Sache, der ich sehr kritisch gegenüberstehe. Jeder muss natürlich selber sehen, was er macht und wie er es macht. Ich hatte deswegen auch ein bisschen Streit mit Elf (is wohl der Sänger), weil das ganze überhaupt nicht abgesprochen war. Aber zu sagen SLIME ist tot, es leben RUBBERSLIME, und dann ne Platte rauszubringen mit dreiviertel SLIME-Songs, das finde ich doch ein bisschen fragwürdig!"

Aha! Noch Fragen? Nein. Also ganz ganz schnell ins Walhalla, Metal hören, damit ich mir über so einen Scheiß keine Gedanken mehr machen muss, die anderen zerren den Sascha noch irgendwohin, und Frank kotzt geschmeidig vor den Metalschuppen, ganz so, wie sich das geziemt. Drinnen ist die komplette SKUM-Belegschaft mit Anhang, und auch der Chris und Mike (der Bierskalen-Obergrenzen-Definierer und Macher der "Komabude") schauen gerade mal dabei, ob sie es noch können! Prost! Und die geschmeidigen Freundinnen verblüffen mich, weil beide "Knochenfabrik"-Tops tragen. Perfekt! Punk im Metalschuppen, da kann ja nichma meine Bierschinken-Kutte mithalten. Naja, jedenfalls werden wir irgendwann als die Letzten da rausjefeecht, und ich darf sagen, es sieht irgendwie jedes Mal nach dem Ende der Welt aus, wenn ein Haufen von drei Quadratmeter großen Metallern mit Matten bis zum Arsch und Armen wie Baumstämmen gaaaanz langsam und vorsichtig die Treppe runtertorkeln, sich dabei an der Wand festhalten müssen und rundfragen, wo sie denn jetzt Haja machen können...

Geil!

Die Freundin vom Chris spielt nochmal kurz "Olle" und motzt irgendwie rum, weil der was Fressen gegangen ist, ohne sie mitzunehmen, aber das interessiert den einen Scheißdreck, und sogar mein sei-doch-ma-nett-zu-deiner-Ollen-Arschtritt lässt ihn ziemlich kalt. Naja, ist ja auch schon ziemlich locker gemacht. Locker, locker locker popocker. Meine Fresse, freu ich mich auf Wacken, wenn ich eine Woche lang mit den Verrückten uppmaachen kann!

Joh, mittlerweile ist es schon wieder hell, Zeitloch ahoi, und ich setze mich mutig alleine in die Bahn nach Hause, richtige Linie, richtige Richtung, und wache am falschen Ende von Köln auf. Huppala, da haben wir wohl ein kleines Nickerchen gemacht. Naja, wo ich schon dabei bin, penn ich direkt weiter. Und wo wache ich auf? Schon wieder am selben, falschen Ende. Verdammt nochmal! Zum Glück hat der Bahnfahrer höchstpersönlich Mitleid mit mir und fragt mich, wo ich denn hinmuss, und tatsächlich weckt er mich an der richtigen Haltestelle! Ist aber saunett von dem! Aber ich frage mich, wie erbärmlich ich ausgesehen haben muss, und wie lange der mir beim pennen zugeguckt hat, bis der sich gedacht haben muss "die arme Sau schaffts heute nicht mehr alleine, da muss einer helfen...".

Auch egal, gleich kommt Fußball, Deutschland gegen irgendwen, und es gab schon schlechtere Gründe zu trinken, außerdem sollte man beim Länderspiel glotzen ganz viel RUBBERSLIME hören. Weil wir ja auch nur leben können, wenn Deutschland stirbt. Logisch. Prost!


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