duschen ist KEIN heavy metal
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LILI, Villa am Rhein, Köln, 08. November 2003
Alles klar, der Termin stand ja schon ewig in unseren Terminkalendern. Silke gibt noch kurz bekannt, dass man da nur mit Einladung reinkommt, aber Caro freundlicherweise einen ganzen Haufen davon klargemacht hat, und schon versammelt sich endlich mal wieder der ganze Pulk von Leuten am Hauptbahnhof. Cool!

Frank, Rober, Disco mit Frau und haste-nicht-gesehen hundert Mann. Die Villa steht direkt neben der grandiosen Fame Academy, die wo da so schöne Serien mit singenden Schwuchteln im Fernsehen fabriziert.

Vor der Villa stehen Aufpasser und recht dicke Autos. Die sogenannte Villa ist auch nichts weiter als wirklich eine Villa. So richtig mit Säulen am Eingang, großer Eingangstür und allem, was dazugehört. Geil, wir mit Lederjacken und unglaublich geschmeidigem Aussehen sind wahrscheinlich leicht underdressed. Cool. Türen auf, hier kommen die Asozialen...

Dann mal rein. Die Einladung den Türstehern in die Hand gedrückt. Aha, da stehen zwei nicht-Einstellige, die sich allerdings Mühe geben, bei denen man sich in eine Liste eintragen muss um dann umsonst Kippen zu kriegen.

Dann werde ich endlich aufgeklärt: Die Veranstaltung hier ist nichts weiter als ein Camel-Event, von wegen: Wenn ihr unsere Kippen abfeiert, dann besorgen wir ein paar Leute, die euch abfeiern. Geil! Darin waren wir schon immer sehr gut. Grundlos irgendwas abfeiern.

Paar Stufen hoch, an eleganten Spiegeln und geschmackloser Dekoration vorbei, und oben erwartet uns ein recht großes Stockwerk ohne Trennwände, mit schwarzen Ledersesseln in der einen Ecke, und ein Bühne in der anderen. Auf dem kleinen Balkon legen wir uns erst einmal auf die Liegen, tun unsere Pflicht und feiern uns ab.

Danach gehen wir rein und besetzen die Ledersessel. Dabei hören wir irgendwelchen Möchtegern-Witzbolden zu, die irgend eine langweilige Scheiße vorlesen, die sie selber verbrockt haben. Gähn. Einmal gelacht. Ende.

Um das Programm noch beschissener zu gestalten, kommt irgend eine Olle, die sich auch für witzig hält, und macht ihren Stand-Up-Comedian-Scheiß für Anfänger. Irgendwo, ganz weit hinten, lacht eine alte Frau. Sonst niemand. Caro motzt rum, dass wir doch erst später kommen sollten, weil sie doch Bescheid gesagt hat, was hier für eine grottige Scheiße läuft. Nö nö, egal, macht doch Spaß!

Aber Kippen gibt es in rauhen Mengen - UMSONST! Da ist das schöne Wort wieder: UMSONST. Frank fängt an und greift beherzt nach einigen Schachteln. Alle anderen folgen. Die adretten Leute halten uns für bescheuert. Na und? Leckt mich doch am Arsch. Dann fasse ich diese Veranstaltung mit zwei grandios gewählten Worten zusammen: Möchtegern-Dekadenz! Von wegen: "Mist, ich bin nicht reich. Aber ich möchte gerne, dass die Leute das von mir denken. Also tue ich so, als wäre ich reich, aber so, als würde ich das nicht raushängen lassen und als würde ich mich ganz ungeniert auf das Niveau von Mittelschichtlern herablassen." Würg. Kotz.

Kleines Bier zwei Euro fuffzig, Smirnoff drei fuffzig. Ich mache heute einen Smirnoff-Abend, watt kost´ die Welt? Die anderen machen einen ich-bin-doch-nicht-so-blöd-wie-ihr-und-sauf-lieber-draussen-vor-der-Tür-meine-eigene-billige-Plörre-Abend. Weil se jescheit sin!

Bisschen Bewerten, paar Einstellige und ganz wenig Prominenz, deren Fressen ich zwar irgendwo her kenne, aber überhaupt nicht einordnen kann. Dann können die auch nicht soo wichtig sein. Dann geht endlich das Programm auf der Bühne los. Ein Vollspaten kündigt mit gaaaanz schlechtem "Sprechgesang" LILI an, aber vorher soll noch einer von "DIE FIRMA" ein bisschen rappen. Räppedi Räppedi Räpp. Der Firma-Typ hat knallrote Augen, den typischen Vollasi-Hip-Hop-Style und die "Songs", die er bringt, mit Kuli in seine Handflächen geschrieben. Dann kommt der Beat vom Band, er brüllt was von "ich will euch Bouncen seh´n", und vor der Bühne tanzen die entsprechenden Leute während Frank rummotzt, was das denn für eine Scheiße ist und der Matze in der Mitte vor der Bühne steht und pausenlos die Augen verdreht. Dann, endlich wieder:

L bamm bamm da bamm daa bamm bamm da bamm daa, L - I, L-I-L, L-I-L-I: LILI! Yeah! Die Damen heute richtig sexy mit schulterfreien Kleidchen, Ylva mit hohen Stiefeln und Dani mit Netzhemd. Der Schlagzeuger elegant im Anzug mit Rosen/Totenkopf-Motiven und ziemlich amtlicher Spielweise. Im Hintergrund läuft das Video zum Song "500 Singles", kann man aber leider kaum erkennen. Das Stockwerk, und vor allem der Bereich vor der Bühne, ist schon sehr gut gefüllt, und am spannendsten ist es zu beobachten, wie den Ladys die ganze Zeit die Träger von den Schultern fallen (Lechz, sabber). Aber nix passiert, Mist. Dani hat mittlerweile einen viel zu großen Bass, das ist nicht gut. Aber der Blockflötenteil ist wieder dabei, Gott sei Dank. Als Zugabe gibt es am Schluß noch "Last Christmas", ist ja auch bald schon wieder soweit, und "Farin U.", aber ganz ohne Erklärung, wer das denn eigentlich ist. Schon wieder nicht. Nun gut, ein amtlicher Schlagzeuger hievt die ganze Sache schon eine Liga höher, Glückwunsch. Und da auf der LILI-Seite ja keine Neuigkeiten verbreitet werden, mach ich das jetzt. Die Ex-Lemonbabies-Lina ausm Osten ist leider nicht mehr dabei. Nie mehr. Keine Zeit und so. Nach ewiger Sucherei wenigstens einen netten und verlässlichen Typen gefunden, der spielen kann. Der ist jetzt erst mal sowas wie ein Leih-Drummer, bis mal optimalerweise ein Mädel gefunden wird. Sonst muß der den Kopp hinhalten, aber schlecht, weil der hat schon ein paar Bands. Info Ende.

Dann treffen auch noch Burn, Phlöpp, Christoph und Till ein, und Burn feiert mit mir die nächste "Band" ab. Die machen so eine chillige, alternative Scheiße mit Drums aus der Dose und einem Sänger/Sängerin-Paar. Die Sängerin kriegt mit ihrem hautengen Ganzkörper-Body mit Hochwasser und der 80er-Jahre-Frisi ne glatte 34, aber auch nur weil ich gute Laune habe!

Der Gitarrist muss zwischen den Songs irgendwann seine blöde zweite Gitarre aus dem Backstageraum holen, weil er zu doof war, die direkt mitzubringen. Dafür hat er eine äußerst coole Pornobrille auf. Der letzte im Bunde ist der rasante Keyboarder, wahrscheinlich an die fuffzig Jahre alt, der nebenbei noch auf seinen zwei E-Drum-Pads sinnlos ein paar Piff-Paff-Geräusche zur ohnehin schon aufregenden Musik beisteuert. Der helle Wahnsinn. Dabei macht er ein Gesicht, als würde er auf den Bus warten. Oh yeah, Baby. Aber die Leute tanzen und grinsen, wahrscheinlich, weil sie es auch nicht glauben können, was sie da auf der Bühne sehen und hören. Dann die Gottzeile im Gottrefrain: "Wir fahr´n von Norden nach Süden...". Mir egal, Hauptsache weit genug weg!

Dann geht die Sache hier aber erst richtig los. Alle Klamotten werden von der Bühne runtergeholt, und ein DJ-Pult aufgebaut. Super! Bumm Bumm Bumm, tanzt das Schwingbein! Zeit für mich, das Scheißhaus zu Bewerten, das mittlerweile nichts weiter ist, als eine riesengroße Pisslache. Nicht zuletzt, weil Leute wie der Frank immer artig in die verstopften Pissoirs pinkeln. Richtig! Damit riecht die Veranstaltung jetzt auch so, wie die Leute aussehen.

Unser Pulk an Leuten bricht auf, nur der Köbisch bleibt noch mit mir hier, versetzt mich aber auch irgendwann. Backstage einzecken? Keine Kunst. Aber auch hier ist kein Bier mehr im Kühlschrank. Der Lili-Mentor versorgt mich noch mit einigen Bons, die aber auch irgendwie nicht den ersehnten Erfolg bringen, weil ich trotzdem noch zuzahlen muss. Hm. Komisch. Egal. Prost.

Ich weiß nicht, wie viele Male ich dem Pornobrillen-Typen aus dieser Scheiß Norden-nach-Süden-Band erzähle, das seine Brille doch das Beste an der ganzen Band ist. Das der dabei so ruhig bleibt, grenzt an einem Wunder.

Natürlich treffe ich eine Mitstudentin, die den ganzen Abend diesen dämlichen MTV oder VIVA-Moderator vollquatscht. Dieser Typ, der aussieht wie eine Spitzmaus, sich für komisch hält, immer die Festivals wegmoderiert und nach jedem Satz hektisch Luft holen muß. Der, dem man am liebsten pausenlos in die Fresse treten möchte, der halt! Warum macht sie das? Schnipp schnapp? Ach so eine ist das, dann weiß ich ja Bescheid.

Der Firma-Typ sitzt mittlerweile wie fest getackert auf einem Stuhl Backstage, und das knallrote Gesicht und die roten Augen sprechen Bände. Ich sülz ihn voll, er mich, ich feier ihn für sein damaliges äi-Tiem ab und noch mehr dafür, das er aus Porz kommt. Geil! Ein knüppeldichter Porzer! Kann alles! Mein Freund! Ich frag interessiert, ob er denn auch Freestylen kann, er: "Nää, alta, dafür iss meine Birne nisch gemacht!"

Ein DJ nach dem anderen legt auf, und es klingt alles nach der gleichen Platte. Ich vermute mal, die tauschen nur die Leute vor dem Pult aus, die Platte läuft weiter. So hat jeder die Möglichkeit, sich mal ne Stunde abfeiern zu lassen. Ist ja ohnehin das Schlüsselwort am heutigen Abend: ABFEIERN.

Irgendwann gehe ich mal runter, gucken was da los ist. Da ist ein Vorhang vor einer Tür. Rein. Dahinter läuft sowas wie ein Privatparty in einem kleineren Raum als der oben, dafür aber nobler. Kaum Leute da, dafür aber weinerliche, alte Popmusik. Ganz hinten im Raum gehe ich hinter einen Vorhang und stehe in einem Gewölbe, ähnlich einer Baustelle. Am Ende davon steht ein Aufpasser, dem ich erkläre, dass ich das Herren-WC suche. Er schickt mich zurück und klärt mich noch kurz auf, dass ich hier nichts zu suchen habe. Aha. Interessant.

Oben ist mittlerweile DJ Nummer einhundert am Pult und das Stockwerk knüppelvoll. Alle am dancen, däänz däänz. Ein paar Druppis trommeln ein paar Trömmelche während andere lustige Geräusche ins Mikro pusten. Ich setze mich dabei und... tatatataaaa.....feier die ab. Trommeln aber fein, die Jungs...


Weiter im Text. Prost. Angeblich sollen draußen weiß-Gott-wieviele Leute stehen, die alle reinwollen. Sind die denn bescheuert? Haben die denn kein Bier zu Hause im Kühlschrank? Na ja, jedenfalls bemerke ich irgendwann, dass ich doch mal langsam was zum schlafen auftun sollte. Man soll ja auch aufhören, wenn es am schönsten ist, also noch ein paar Schachteln Kippen klar gemacht und auf zu Fuß zum mächtigen Klitsch. Dabei schön abwechselnd erst die linke, dann die rechte Häuserwand zum abstützen nehmen.
To ll, wenn ich jetzt umkippe kann mich jeder Arsch lustig ausrauben und mich findet im Leben keine Sau. Jippie.

Endlich beim Klitsch angekommen höre ich von draußen nicht nur seine Stimme. Scheiße! Na gut, Regel Nummer eins, nach wie vor: "Ficken geht vor!" Jeder muss mal in den sauren Apfel beißen, heute bin ich wohl dran. Also, die letzten Kraftreserven mit Bier freilegen und auf zum Bahnhof. Was ein Scheiß Fußmarsch, aber die ersten Bahnen müssten doch schon wieder fahren. Ist doch schon morgens, oder watt??

...fahren sie aber nicht. Verdammt! Hab ich die Lampen an! Auf zur Info, der ollen Trulla mein Problemchen vorgelallt, und siehe da, sie klärt mich auf. Irgendwas mit Bauarbeiten. Ich muss erst zum Bus, dann zur Bahn, und dann kann ich nach Hause. Sie gibt mir noch höflich einen Zettel, den ich aber nicht mehr einwandfrei entziffern kann, aber selbst wenn ich könnte, ich komme nächste Woche in Buxtehude an und weiß nicht was ich getan habe. Ist doch alles Scheiße, also so geht das hier nicht. Denk, denk.

"Ach, ich könnte doch beim Klitsch pennen"! ...grandiose Idee. Also den Fußmarsch zurück, alles wachgekloppt, und morgens komplett angezogen, mit Jacke auf dem Teppichboden aufgewacht.

Geht doch. Wenn ich meinen Kopp jetzt noch durch die Tür kriege, dann...

...jaaa, dann sind die Ladys von LILI doch bestimmt beeindruckt! Und dann, ja dann hat sich alles doch wie immer gelohnt!

Geiler Abend, alles super! Wenn wir jetzt wieder eine Einladung kriegen, weil wir uns ja brav am Eingang mit Adresse ins Büchlein eingetragen haben, dann sind wir auf jeden Fall wieder dabei! Wenn es dann sein muß, fahren wir auch von Norden nach Süden, oder auch von links nach schräg.

Prost.

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