duschen ist KEIN heavy metal
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LIGHTKULTUR Berlin Clash
Jau, Urlaub, was soll ich häkeln oder spazieren gehen, also auf nach Berlin. Beim ankommen kotz ich erstmal lässig in der Gegend rum, und passenderweise scheiße ich Wasser. Geil! Was ist das denn? Ab zur Ärztin, die fragt ob da irgendwo Blut bei war. Nein. „Hat man schon mal. Wiedersehen.“ Mensch, sehr kompetentes Fachpersonal hier in Berlin. So von wegen: „Ich sehe, es ist doch noch alles dran, zwei Arme, zwei Beine, was soll denn sein?“ Toll.

Na egal, Tabletten gegen Aua rein. Fertig.

Ewig lange Bahnfahrten, ewig langes Gelatsche, und schon sind wir im Clash, laut Chrü der absolut allerletzte Schuppen. Scheinbar weil hier sonst nur so Popperscheiße abgeht. Halt n kleiner Club. Erste Band, vier Mann, nicht grade Rampensäue, dafür trägt der Gitarrist schwarze Boxerstiefel, die Gitarre vorm Bauch und hat ne Scheißlaune. Der lange, schmale Bassist hat den Bass vorm Adamsapfel hängen, trägt dafür aber ein Kopftuch. Guck ma, Mama, bin n Rocker.

Der Schlagzeuger hat ganz prollig seinen DVD-Player aufgebaut, den Karton ganz stolz neben sich stehen, und lässt davon manchmal Intros laufen, die den ganzen Song lang weiterlaufen. Geil! Wir hören eine CD mit Begleitband. Wahnsinn. Und während den Intros stehen die Jungs wie Falschgeld in der Gegend rum.

Musikalisch gibt es langsamen Rock, soll wohl was moderner daherkommen, klingt aber nicht besonders gut, kommt auch beim Publikum nicht an. Ein paar Coversongs sollen Abhilfe schaffen. Naja. Dann Beat it von MICHAEL JACKSON! Was? Die spielen das echt konsequent durch! Wahnsinn! Direkt noch mal fordern, in Sprechchören. Der Fönich fon Dochtmund is auch bereits mitti Lea eingetroffen und brüllt fleißig mit. Der Sänger fragt noch ob die das jetzt echt noch mal spielen sollen. Na klar! Und tatsächlich! Nochmal. Beat it, beat it, yeha, Unterhaltung pur!

Aber ein drittes mal kommt nicht in Frage… Och schade. Und das obwohl wir so herzlich betteln und applaudieren.

Das Coolste: Der Gitarrist hat so ein superteures Über-Ultra-Trittbrett-Gitarrendings da aufm Boden liegen, ein VG 88, so eins das fast schon morgens Kaffe kochen und abends die Schere machen kann, aber gestimmt wird noch artig so das es jeder hört, mit dem Ohr an der Box und nach Gehör! Beide Daumen nach vorne. Naja.

So, überstanden, Prost.

LIGHTKULTUR. Auch bekannt als die Mützenband, weil drei von vier Leuten ne Mütze aufm Kopp haben. Mittlerweile ist das Räumchen hier schon gut gefüllt, und Energie. Der Basser kriegt das Grinsen nicht ausm Gesicht während der Gitarrist mich volles Pfund an den WSK-Travolta erinnert, obwohl der hier auch tatsächlich schon mal neben seinen Melodiechen und stetig wechselnden Licks die Akkorde mitspielt. Der Sänger/Gitarrist Schwecke schiebt sich permanent die Mütze von schräg nach quer und der Schlagzeuger kloppt da hinten total verkrampft wie ein Verrückter auf seinem Kit rum, also Mannometer, aber dafür spielt er sehr tight und sauber. Joh, hört sich irgendwie an wie ÄRZTE (schulljung ÄRTZTE) spielen SCHROTTGRENZE, aber in mehr Rock mit Bratpankgitarren, sehr geschmeidig, das hatte ich echt schlechter in Erinnerung. Allerdings wird während dem ganzen Konzert nicht ein einziger Schluck Bier getrunken. Nicht mal Schnaps! Was soll das denn? Unverzeihlich!

Während den Ansagen werden amtlich faxen gemacht, wie sich das fürn Clubgig so geziemt, und bei einem Stück will ein Zuschauer anständig Stagediven, aber da die Stage zum diven zu niedrig ist klettert er auf die Monitorbox, hüppt in die Menge und wird bis zur Theke getragen. Hey, cool, nehmt mich direkt mit!

Davon angestachelt nächster Versuch. Band spielt, er ab auf die Monitorbox, und zack, das Ding klappt ihm unter den Füßen weg und fällt von der Bühne, und der Typ rückwärts auf den Rücken, dem Sänger vor die Füße. Direkt wird der Song unterbrochen um zu gucken was denn nun passiert ist, aber ist nichts passiert, der Typ winkt ab. Aha. Sah aber geil aus! Geil bis ungeschickt!

Jau, macht aber alles Spaß hier, aber würde natürlich noch mehr Spaß machen wenn man den Scheiß von denen kennen würde, so dass man wüsste, ob der Schwecke jetzt einfach nur so verschämt grinst oder mal eben geschmeidig den Text vergessen hat. Ach nee, da singt er ja auch „Text vergessen“. Datt is Pank! Oder auf Berlinerisch: Ditte is Pank, wa?

Jau, cooles Konzert zu Ende, und schon geht die eigentliche Popperparty los. Heißt: Alle gehen nach Hause.

Toll.

Wir stehen doof rum und entschließen uns noch mal kurz bei Paules Metaleck vorbeizuhüpfen. Fehler! In Berlin hüpft man nicht eben mal so irgendwo vorbei, sondern man fährt hundert Stunden durch die Wallapampa, geht dann noch spazieren, und schon ist es drei Uhr, wir stehen auf einer toten Straße, Marke wehender Dornenbusch, und nur im Paules Metaleck sitzen ein paar Metaller und schütten sich weiter zu. Echt grandios. Zur Feier des Tages gehen wir erst gar nicht rein und süppeln vor der Türe unser Bier weiter. Ey, Mensch Meier, hat sich ja wieder gelohnt. Azi kriegt fast n Anfall, aber da kamma nix machen. Hauptsache ich hab keine Scheißerei mehr, Bier ist halt immer die beste Medizin! Prost. KOLLEGE 07/05


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