duschen ist KEIN heavy metal
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RICH HOPKINS, MTC, Sonntag, 05.08.05
Tja, Sonntag. Was hat man denn da schon zu tun? Also ab mit dem scheiß süßen Kremer und seiner Vicky zum Kiosk neben der Zülpicher, wo ne Pulle Bier nur 60 Cent kostet. Geht doch noch.

Ja, im Blue Shell spielt auch irgendwas aus Holland, so alternatives Rumgeheule. Vor der Türe sitzt ein einziges Männeken mit Emoscheitel der uns erzählt, das die Band bei seinem Label unter Vertrag ist, hui Respekt, und dass das Label da immer so ein Festival macht, wo jedes Jahr 5000 Leute kommen, und er auch gar nicht mehr Besucher da haben will. Und das obwohl er ja eigentlich problemlos mehr Leute reinlassen könnte. Wir sind beeindruckt. Natürlich ist die Band, die gleich hier spielt, das nächste absolute Riesending im Alternativbereich! Klar. Deswegen ist auch keine Sau da. Außer dem Labelangestellten. Toll. Nee, echt jetzt: Toll! Aber dafür wollen die doch tatsächlich neun Ohren Eintritt haben! Wie bitte? Neun? Fürn paar Pimmel ausm Käseland die keiner kennt? Aber der große Labelarsch will da was klar machen, geht rein, und kommt nicht wieder raus. Meine Fresse, der Pate ist ja ein Scheißdreck dagegen! Aber was will man von einem auch erwarten, der aus einem Land kommt, wo man rein genetisch gesehen schon unfähig ist Fußball zu spielen.

Egal, wir verpissen uns. Nebenan vorm Prime Club stehen fünf Metaller. Einen frage ich wer denn heute spielt. Er erzählt von einer Band, von der ich komischerweise noch nie gehört habe, wahrscheinlich weil die aus der Ukraine kommt, wie der Metaller berichtet, und natürlich ist diese Band das nächste große Ding im Metalbereich. Scheint grade wie ein Virus umzugehen.

Also wieder ins MTC, und da unten stehen im nett gefüllten Räumchen einige alte Männer, teilweise mit Glatze, aber trotzdem mit weißem Zopf, astrein geflochten aus dem Haarkranz! Cool! Andere sind so Althippies, aber mittlerweile mehr schlecht als recht getarnt als brave Familienväter. Und es riecht nach Nelkenzigaretten. Fehlt eigentlich nur noch die Rassel und der Schellenring der hier rumgereicht wird. Fasst euch alle bei den Händen uns singt tu ju ja heh!

Ja, und auf der Bühne stehen drei Ami-Papis und eine Ami-Olle am Bass. Der linke Gitarrist sieht aus wie ein italienischer Pizzabäcker mit einer Telecaster-Imitation in Mintgrün (!) die unterm Hals hängt (?), aber post richtig cool rum, so mit Hals in die Höh und echt coolen Pentatonik-Soli. Die Bassistin wirkt leicht verschämt, hüpft aber trotzdem manchmal auf und ab, genau wie der Mintgrün-Gitarrist, und der Sänger singt halt recht nett vor sich hin und spielt auch so Solos, die Ende der 60er wahrscheinlich als brütend heiß durchgegangen sind. Aber eben dieser abgeschmackte Touch ist irgendwie ziemlich cool! Und musikalisch ist das hier „Sweet Home Alabama“ in jeder nur erdenklichen Variante, irgendwie ein bisschen wie ein harmloses Mike Ness Soloalbum. Cool, einfach, ehrlich, relativ lässig-omat.

Der Mintgitarrist, ich nenn den jetzt einfach mal Luigi, singt auch einige Songs, gut, und die Bassistin singt auch mit wirklich klarer, sehr guter Stimme! Geil!

Irgendein Typ bringt Schnaps auf die Bühne, der auch rasch reingefegt wird, sehr gut, und bei der Vorstellung der einzelnen Bandmitglieder, was ja tödlich kacke rüberkommt, aber hier beim Papitreffen vollkommen egal ist, kommt der scheue, bebrillte Schlagzeuger kurz nach vorne, sagt total langweilig, unspektakulär und überflüssig was von Thank you for coming und geht wieder nach hinten ans Schlagzeug. Hinter mir ein Papi zum anderen: „Ein unverzichtbares Bandmitglied! Sehr charismatisch!“ Dann lachen die zwei Papis sich kaputt. Und ich mich mit.

Jedenfalls kommen die drei Instrumentalisten alle aus Texas, und ich frage so einen Papi, warum die denn dann bitte nicht alle Cowboyhüte auf dem Kopf tragen!? Der fragt aber total stumpf warum. Ja weil die aus Texas kommen. Mann, Finger weg von chemischen Drogen!

Tja, wir gucken uns das Konzert bis zu Ende an, ein paar Zugaben kommen noch, und ich entschließe mich dazu später, wenn ich richtig alt bin, auch mal so was zu machen. So ungefähr eine Dekade bevor ich im schwarzen Anzug und mit Fliege in einer total schmierigen, aber dafür gottcoolen Tanzkapelle vor schmierigen, aber dafür steinreichen alten Ommas Frank Sinatra-Coversongs bringe und Harald Juhnke intoniere!

Oder noch besser: …im schwarzen Anzug und weißer Fliege, mit zwanzig Mann starker Big-Band-Begleitkapelle, in schmierigen Clubs alte PANTERA-Kracher und SOCIAL DISTORTION-Stimmungshits unters Volk schmeiße! Cool! Und Maks´ Zivi rollt ihn nach zwei Stücken was zu essen holen. Und der Schubbert kriegt liegend auf der Bahre neben der Bühne Jägermeister in der Schnabeltasse von der Schwester reingeschüttet! Herrlich! Und der alte, gebrechliche scheiß süße Kremer zerrt im Hintergrund wie verrückt an der Kiste Bühnenbier rum, um die auch ja rechtzeitig irgendwie in den Bus gebuckelt zu bekommen, bevor da jemand was wegtrinkt!

Jau, Konzert zu Ende, ab nach Hause, Haja machen, und am nächsten Tag kommt meine Kollegin und Vorgesetzte Anja übernächtigt vom dreitägigen Komasaufen von Rock am Ring, wo sie besoffen ihr Auto geschrottet hat (!), Papa angerufen das der das Ding doch abholen soll und rasch weiter uppjemacht hat! Sie hält den Arbeitsmontag aber tapfer durch und kriegt von mir zur Belohnung nach Feierabend ein paar Bier reingedreht, wobei sie total fertig so vor sich hin philosophiert: „Weißt Du…ich glaube…nüchtern sein is nix mehr für mich.“

Astreiner Schlusssatz! Prost! KOLLEGE 06/05

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