duschen ist KEIN heavy metal
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7. Hard´n Heavy´s Summernight Open Air Euskirchen
23. + 24. Juli 2004
Da soll also in Oi!skirchen irgendwo ein Metal-Festival sein, was nichts kostet, und wo man sogar umsonst Frühstück kriegt? Ja klar, und ich bin der Papst. Wahrscheinlich so, als ob der VW-Club Morsbach eine Bon Jovi-Cd geschenkt bekommt, und daraufhin aus lauter Begeisterung ein Festival organisiert, wo die Coverband aus der Grundschule auf dem Pferdehänger vom Schmitz´ Jüppchen aufspielen darf.

Naja, ichsinnderjespannteste!

Freitag Nachmittag schön auf die Couch hauen um ein bisschen Schlaf nachzuholen, und beim gleichzeitigen Telefonieren stelle ich fest, das alle schon auf dem Gelände sind. Toll. Hätte ich mich mal eher gekümmert. Aber die Whisky-Mandy und ihr Mann Durait haben Mitleid und sacken mich ein. Schön das ich doch noch irgendwie dahinkomme, blöd ist, das mir jetzt schon wieder Schlaf fehlt. Also, was macht der jescheite Mann? Richtig, upp. Und siehe da, funktioniert einwandfrei, meine Müdigkeit schwindet dahin.

Euskirchen ist tatsächlich ein Kaff wie Morsbach, und die Bewerterrunde übers Festivalgelände dauert starke vier Minuten. Hut ab! Also Einstelligkeit kann man hier niemanden attestieren, ohne ernsthaft seine Bewerterlizenz zu riskieren, aber dafür tragen die Papis und sogar die Mamis hier starke Oldschool-Kutten, wo Rückenaufnäher von Metalbands wie HAMMERFALL auch schon das Modernste der Gefühle und sein dürften! Ist ja auch irgendwie schön zu sehen, das es tatsächlich noch Leute gibt, die wissen was Anstand bedeutet, und ihre heiligen Kutten nicht mit LIMP BIZKIT-Bildchen entweihen! Die Kinder wurden bei der Gelegenheit auch direkt mitgebracht, und vor allem die zwei kleinen Jungs mit langen, blonden Haaren brillieren durch noch leicht unkoordiniertes aber schon deutlich erkennbares Bangen in Kutten, und selbstredend konsequentem Pommesgabeleinsatz vor der Bühne. Na, das nenne ich doch mal Erziehung!

Nun gut. Die Bühne ist aus ein paar Brettern zusammengeschustert, aber macht einen relativ anständigen Eindruck. Absperrungen oder gar Aufpasser gibt es hier nicht, alles wirkt hier sehr familiär. An zwei Tagen sollen hier zehn Bands spielen, heute allerdings nur drei. Die zweite läuft gerade, G(E)NOM, was auch immer die scheiß Klammer im Namen zu sagen hat, und die sehen aus wie jüngere Familienpapis und machen recht harmlosen Rock bis Hardrock, wo mich einige Riffs irgendwie an MÖTLEY CRÜE erinnern, allerdings ist die Performance doch eher das absolute Gegenteil. Naja, es ist eh Zeit zum Bier holen. Praktischerweise steht der Pavillon, wo es Bier gibt, direkt neben der Bühne.

Prima, hier gibt es Männerflaschen, also halbe Liter, und keine Fingerhüte. Preis zwei Euro, fuffzich Cent Pfand. Allerdings muss man denen zu Gute halten, das hier weder Eintritt noch der Zeltplatz was kostet, und die finanzieren sich ausschließlich über die Sauferei. Nun gut, haben eh alle Geschäfte zu, also wird heute hier gesoffen, habe ich auch direkt meinen Beitrag geleistet, und morgen wird sich Billigplörre beim Plus gekauft.

Das ganze Metallerpack ist da, also natürlich auch der Robin, und – man mag es ja kaum glauben – der schraubt sich ganz geschmeidig den Kopf ab (allerdings dieses Mal sogar noch im stehen – Respekt!) und zeigt mir seine Ex, die direkt neben uns zeltet, aber nicht mehr mit ihm spricht. Ist dem Robin aber egal. Solange der Robin in Ruhe Bier trinken kann, ist dem aber auch alles egal.

Schlenderei über den Zeltplatz ist sinnlos, weil man ja eh alles von seinem Stuhl aus sehen kann, bis auf die Bühne, weil davor das Partyzelt für heute Nacht aufgebaut ist. Da drinnen sind ein paar Bierbänke, eine Anlage, fertig. Grandios! Was braucht man auch mehr?

Aber erst mal GUN BARREL, und zum ersten Mal finden sich auch einige Leute vor der Bühne ein, was auch kein Wunder ist, denn alleine der Schlagzeuger bietet eine ziemlich geschmeidige Show mit cooler Poserei, tightem Spiel und außerdem zimmert der auf seine Trömmelchen ein das es eine wahre Wonne ist! Der ist nicht zimperlich. Der Gitarrist macht aber auch wieder alles richtig, vor allem rein optisch mit Stiefeln, Leopardenjäckchen und einer Rosenblüte auf dem Gitarrengurt. Mann, mir schwillt der Ständer! Dann wird der neue Bassist vorgestellt, und der alte darf sein damals geschriebenes Stück zum Abschied mitspielen (heul schluchz) und kriegt ein T-Shirt geschenkt. Ui. Joh, dann fällt ganz geschmeidig der Strom aus, und der Sänger fragt im feinsten kölschen Akzent in die Runde: „Ja, habense Euskirschen jetz den Strom abjestellt oder watt?“ und lacht sich dabei selber kaputt. Burnsen erzählt mir, das er durch sein Vorspielen bei der Band weiß, das die immer so reden, den lieben langen Tag. Hö. Jedenfalls läuft die Bude dann irgendwann wieder, und der Bassist gibt sein spärliches Posingrepertoire zum Besten, indem er mit einem Fuß auf dem Monitor (Pluspunkt) seinen Bass aufs Knie legt und mit der Faust im Takt draufkloppt. Ja nu, immerhin, für so einen alten Mann, denn der dürfte auch schon ein paar Tage mehr auf dem Buckel haben als ich, oder er hat sich seine schulterlangen Haare grau gefärbt, kann ja auch sein.

Egal, GUN BARREL wie immer recht cooler Hardrock, witzig dargeboten, ende. Die Party im Zelt nebenan kann losgehen. Nebenbei verkackt der Saga-DJ-Frank, weil er die letzten vier Tage mit Nikola und Siggi gesoffen hat, wird nach Hause gefahren, und wird von da an nicht mehr gesehen. Na, da war aber einer wohl mehr als fleißig!

Burnsen findet Mitstreiter beim He-Man-Kassette hören, und zusammen schreien sich alle die liebe Nacht lang über das Hörspiel weg, und über Orko, den kleinen Wicht, wie er durch feuchte Spalten muss...

Weil ja Ruhe sein muss, ist die Musik im Zelt so leise, das man glatt noch dabei telefonieren könnte, bescheuert, und deswegen beende ich meine verstrahlte Rumrennerei zu einer ziemlich geschmeidigen Zeit. Oder eher zu einer verdammt armseligen Zeit! Bin ich mal ehrlich.

Aah, aufwachen, Frühstück umsonst. Tatsächlich. Allerdings als ich die Gurke nicht aus dem Glas kriege, und deshalb drohe, den Veranstalter deswegen zu verklagen, ist die Dame hinterm Tisch ziemlich angepisst. Huppala, hatte ich vergessen, alles was dörflicher hier, tschuldigung. Egal, schnell zum Aldi, Billigplörre organisieren, Prost. So, wollen doch mal sehen, was die SKUM-Jungs, die in drei Stunden auf der Bühne stehen müssen, so getrieben haben. Aha, Nikola, der Sänger, hat also geschmeidig durchgesoffen, eben alles vollgekotzt, sich dann einen Kaffee reingefegt, danach ein Schnäppaken, und liegt jetzt halbtot im Auto. Ja dann ist ja alles im Lack. Und André, der Basser, hat sicherheitshalber erst gar nicht geschlafen und durchgesoffen, dann kann ja nix mehr schief gehen.

Buchheim, der Schlagzeuger, kommt auch an, und will erst mal rasch aufholen, was er verpasst hat, um dann seine Band zusammenzupuzzeln . Ja, der wird mal eine gute Mami. Als er zum Nikola aufwecken marschiert, bin ich selbstverständlich dabei, halte mich aber auf sicherer Distanz, denn ich liebe mein Leben! So Sachen wie „aufwachen, du musst gleich spielen“ ziehen nicht, Nikola pennt unberührt weiter. Aber Sachen wie „mach ma MISERY INDEX an, dann hol ich dir auch n Bier“ funktionieren prima. Langsam, aber prima.

Dann stehen plötzlich MINDCRIME auf der Bühne, aus Betzdorf, so in der Nähe von meinem mächtigen Heimatkaff Morsbach. Datt gibbet doch nitt, sind die auch hier. Naja, macht eine Band ja schon mal sympathisch, wenn die öfters irgendwo auftauchen. Natürlich haben die Jungs die scheiß Rolle als erste Band am Mittag, deswegen sind auch kaum Leute da, und die Jungs sind deswegen angepisst wie Kleinkinder im Kinderwagen, denen man den Nuckel geklaut und in den Gully geworfen hat. Kommt natürlich nicht so gut rüber, obwohl der (ich nenn das jetzt mal) Dorf-Metal ziemlich gut nach vorne geht.

Nebenbei werde ich aufgeklärt, das der Mischer, seines Zeichens Schlagzeuger von PERZONAL WAR, aus dem Müllhaufen, was sich P.A. schimpft, doch noch das Beste rausholt was geht, auch wenn der Sound nicht gerade überragend ist, um es gaaanz vorsichtig auszudrücken.

Dann endlich kann die Show losgehen: SKUM auf der Bühne, brack wie Arsch! Also alles wie immer.

André hat die Brille auf, und das Haarspray für seinen Iro (!!) neben sich stehen. Ja, die wichtigen Sachen werden nicht vergessen. Nikola hat schon keine Ränder mehr unter den Augen, das sind dicke, fette, rote Knubbel, und er wirkt (im Rahmen seines Möglichen) leicht darüber amüsiert, das er in seinem Zustand jetzt rumschreien muss. Also ich bin jedenfalls amüsiert. Daniel, der Gitarrist, packt sich noch eine blaue Mülltüte auf den Kopf, und schon ist das Bühnenbild PERFEKT!

Musikalisch bringen die Jungs doch tatsächlich noch Leistung, und nicht zu knapp, hätte ich nicht gedacht, auch wenn es hier und da mal ein bisschen schlabbert, aber die üblichen Aussetzer nach durchzechten Nächten bleiben aus. Leck mich am Arsch! Natürlich wieder die Ansage „Wir sind SKUM aus Köln-Porz“, weil man ja nicht von irgendwoher kommt, allerdings eher zurückhaltend und vorsichtig, damit der Kreislauf auch ja nicht überfordert wird. Nikolas beiläufige Worte ans Publikum nach einem Song: „Gar nicht so schlecht für ein paar Besoffene...“. Ich brech ab, die Leute begrinsen sich auch, Entertainment ahoi. Buchheim post wenn es nur geht, Nikola feiert das ab. Ende.

Nebenbei geht es Durait beschissen, also ab zum Sanitäter, dem er erzählt, das er wahrscheinlich nur mal kacken muss. Gesagt, getan, und der Sanitäter steht vor der Tür und wartet eine halbe Ewigkeit bis er fertig mit scheißen ist, was ein Bild für die Götter! Hö. Dann geht es tatsächlich soweit wieder, aber der Blutdruck ist im Keller, deshalb kriegt er einen Tag lang Alkoholverbot und was macht er (na, wer ahnt was)? Richtig: Upp...

Die Sonne brezelt mittlerweile immer heißer, geil, und PERZONAL WAR geben sich die Ehre. Mal sehen, was an denen so geil ist. Vier kurzhaarige Jungs, davon einer so kurz das es zur Glatze reicht, machen recht straighten, coolen Trash, und tatsächlich erinnert die Stimme ab und zu an James Hetfield, allerdings wirkt der Sänger hier doch eher zurückhaltend statt wütend, und ein Schuss Arroganz, wie das gute Sänger so haben, könnte dem auch nicht schaden. Aber dafür geht der Schlagzeuger ab wie die Sau. Der post wie Arsch, der Stick wandert über den Kopf, dreht sich in alle Himmelsrichtungen, und dabei spielt der richtig amtlich, Leckomat, geil! Dabei beißt er sich (scheinbar als Lars Ulrich-Verarsche) die ganze Zeit auf die Zunge und zieht doch ziemlich komische Fressen, witzig! Selbstverständlich knie ich hinterher vor ihm nieder, hat ja sonst keiner hier auch nur einen Funken Anstand! Geiler Typ.

Hier gibt’s ja Metal un watt zu trinken, also schneien auch der Costa und die beiden Metaller-Bräute Caro und Svenja vorbei, und Caro merkt an, mir beim saufen zuzusehen wäre wie Kino. Also meine Damen, DAS beruht wie alles im Leben auf Gegenseitigkeit! Gerade bei euch. Natürlich erledigen die ihren Uppmaach-Auftrag wie immer 1A! Unnötig zu erwähnen.

Nebenbei können so halbmoderne Kiddies, die mit Groove-Zeux aufgewachsen sind, nicht anständig auf straighten Metal abgehen. Das sieht in etwa so lächerlich aus, wie Altmetaller, die versuchen auf Hip Hop zu tanzen. Aber egal, hat man was zu lachen.

Ja, verstrahlte Rummrennerei, hin und her, bis zum Abend, und dann, groß angekündigt, die Headliner: GODDESS OF DESIRE! Kenne ich nicht, aber laut Siggi sollen die grandios sein. Na gut, die im unteren Mittelmaß zu Bewertenden Ladys, die sich hinter der Bühne in Lack-Korsagen schmeißen, versprechen ja immerhin schon etwas. Außerdem zwängen sich die langhaarigen Jungs in Spandexhosen (!) und Nagelbänder, wie sie fast schon den frühen Kerry King vor Neid erblassen lassen würden! Dann kommen die in voller Montur auf die Bühne, machen Soundcheck und spielen irgendeinen erbärmlichen 80er Hardrock. Na, die haben ja mal Humor!

Dann los. Kerzen brennen, Totenköpfchen stehen rum, und die Musik ist kein Geknüppel, wie man das bei der Aufmachung erwarten sollte, sondern tatsächlich so gängiger Midtempo-Metal, eher harmlos. Bei einem Blick auf die Setlist stelle ich fest, das die nur Songtitel haben, die den Nobelpreis verdienen, also alle Klischees bedient! Tatsächlich grandios. Dann gibt es kleine Pyros, ein zwei Meter großes Pentagramm (wirklich richtig witzig) und alle Nase lang kommen zwei Ladys auf die Bühne, die gar nicht mehr soo scheiße aussehen, wenn die sich so viel Mühe geben (!), uns lecken sich ab oder speien Feuer. Coole Show! Deswegen muss ich auch unbedingt ganz vorne stehen, ist ja selbstverständlich. Ich frage mich allen Ernstes, ob das hier mit Absicht so unglaublich lächerlich rüberkommen soll, das es schon wieder unglaublich cool ist, oder ob die Jungs einfach nicht genau wissen, was die da tun. Ich meine, sind ja immerhin Holländer, und ich habe mir sagen lassen, die können ja nicht mal anständig Fußball spielen!?

Jedenfalls Gottshow bei guten Wetter und dicht gedrängtem Publikum vorbei, und nach dem Abschminken setzen sich die Jungs noch mit ins Zelt zum mitsaufen, cool, und Kascha macht mal ganz geschmeidige drei-Punkte-Vorarbeit mit dem Sänger und Gitarristen, indem sie den vollquatscht und ein Date klarmacht, ausgezeichnet, und gibt die Info sogar zur Veröffentlichung frei, Daumen ganz weit in die Höhe (bei fast allen Leuten darf man nämlich weder erzählen und erst recht nicht schreiben, was denn so passiert ist, aus den verschiedensten Gründen, angefangen von so Lächerlichkeiten wie peinlich berührt sein, bis hin zu Sachen wie Beziehungsjedöns, obwohl ja gerade die Punkte-Geschichten immer die Besten sind – aber na ja egal)!

Nachts braucht Svenja hunderttausend Anläufe um sich zu verabschieden und dem armen Fahrerarsch schwillt der Kamm...

Siggi hält am längsten durch und zeigt den Hadnhäwwis Rhein-Sieg wie man denn um vier Uhr morgens am besten den Harf macht, denn die fegen sich keinen Metal mehr rein, sondern sitzen wie die Hippies am Feuer. Zum Glück wird nicht gesungen. Aber gekifft. Sowas.

Robin macht unglaublich geschmeidige drei Punkte mit einem blonden Baby, die ganz nebenbei die beste Freundin seiner Ex ist (!), und verabschiedet sie morgens, als er saufend, mit Sonnenbrille auf der Nase, im Stuhl sitzt, und sie ihn von hinten liebevoll in den Arm nimmt, mit einem kurzen Abwinken. Mir gefriert das Blut in den Adern, ist DAS kühl!

Ein paar Gottsprüche finden noch den Weg ans Tageslicht wie „also ich hätte uns nicht eingeladen“ oder „ich muss mich heute umbringen sonst gibt das morgen keinen“ oder „wir hören True Metal, zieht eure Schnürsenkel enger“ und schon ist alles vorbei.

Naja, jedenfalls nix von wegen Schmitz´ Jüppchen und Hänger und so, sondern cool gemachtes Mini-Festival von Leuten, die sogar eine richtige Vereinssatzung und so einen Kram haben, ich glaube es ja nicht, und die sogar Kinderbetreuung auf dem Festival anbieten, und hinterher Fundstücke auf ihre Homepage stellen zum abholen. Also Leckomat, kann man echt nicht meckern, Daumen hoch! Denen kann man ohne weiteres bescheinigen, das die ihre Szene nicht nur unterstützen, sondern auch aktiv mitgestalten. Aaah, ichsinnderphilosophischste! Also Empfehlung, für alle die nächstes Mal sonst nichts wichtiges zu tun haben: Hin! Ist zwar alles nicht großartig spektakulär, aber alleine schon mit seinen Freunden und Saufkumpanen einen Heben bei Live-Krach macht doch mehr Spaß als vorm Fernsehen zu hocken! Man wird schließlich noch früh genug alt! Prost!

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