duschen ist KEIN heavy metal
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DISSECTION, WATAIN, ASARU, Live Arena Münster-Breitefeld
Aufstehen, Dünnschiss. Toll. Und meine Frau fliegt heute ein paar Tage nach Prag: Wenn die Katze aus dem Haus ist, dann tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Sollte man zumindest meinen. In diesem Fall trinkt die Maus Kamillentee und schläft sich gesund. Spannend.

Tja, Frank ruft an, und will unbedingt nach Münster, nachdem er seine mächtigen DISSECTION letztens schon in Osnabrück verpasst hat, und er die unbedingt noch mal sehen will, weil die 1997 in WACKEN wohl so großartig waren. Also: Koste es, was es wolle!

Och ja nu, bevor ich mich schlagen lasse, bin ich auf ein Bier mit dabei. Also aufstehen, Kaffee reinfegen, ab in die Bahn, wo mir ein Kleinkind liebevoll den Nacken vollseibelt. Lecker. Aber bei so einem treudoofen Blick, den der kleine Furz draufhat, während ihm die Sabberfäden von der Unterlippe hängen, kann kein Mensch der Welt wirklich böse sein. Nicht mal, wenn man auf dem Weg zu einem satanischen und damit furchtbar bösen Konzert ist.

Ab in den Bus und quer durch den Kölner Stadtverkehr, nur um festzustellen, das wir in die falsche Richtung gurken. Denn die Live Arena ist in Münster Breitefeld, also Richtung Süden, da irgendwo neben Darmstadt. Frank hat aber das bekannte Münster im Norden im Kopp. Juchhu, und wieder kehrt marsch, aber zum Glück läuft die LILI-Platte „Uschialarm“ auf Repeat, da kann einem ja der Rest der Welt ja am Arsch vorbeigehen. Außerdem muss man sich ja auch standesgemäß gegen Black-/Deathattacken abhärten.

Das Östereech-Vicky ist auch dabei und macht sich kräftigst locker (bzw. jescheit) mit dem Vorsatz, bloß nichts von den Bands mitzubekommen, alle Achtung. Weil der Frank sich mit ihr vor ein paar Tagen die BEATSTAKES angetan hat, muss sie jetzt im Gegenzug mit zum Metalgeknüppel. Tja. Was ist für wen schlimmer? Hä.

Jedenfalls macht datt Vicky scheinbar den lieben, langen Tag nichts anderes als auf Konzerte zu gehen, und mit den Musikern zu saufen, denn die kennt einfach alles und jeden persönlich, und das obwohl die besagte tausend Kilometer weiter Richtung Berge wohnt! Alle Achtung! Ich ziehe meinen Hut!

Und ihre Mitbewohnerin ist im Übrigen mit einem von JAN FEAT. UDSSR zusammen. Tutenpunk-Prominenz!

So, die Zeit drängt, und wir gurken durch die tiefsten Dörfer mit MORSBACH-Flair, und ich frage mich tatsächlich irgendwann, ob ich den Frank jetzt falsch gelotst habe. Hab ich aber nicht. Glück gehabt! Damit habe ich ihm sein DISSECTION Konzert gerettet! Sonst würde er jetzt in Münster da oben im Norden die Live Arena suchen. Tja, DAS kannste unmöglich je wieder gutmachen! Obwohl, brauchste auch nich.

Endlich angekommen, mitten im Kaff, also rein in die Hütte, und die zweite Band spielt schon, aber trotzdem noch 19 Euro Eintritt. Ja: Neunzehn! Schnell Bier jekooft, glücklicherweise in Männerkrügen, und ab vor die Bühne.

Aha. Das müssen also WATAIN sein. Das reimt sich, und was sich reimt ist immer gut! Die kommen auch da irgendwo aus Skandinavien, wo es kälter ist als im Kühlschrank, und sind vier Mann in Standardbesetzung. Sehr artig alle mit Corpsepaint, vermatscht bis zum abwinken, Nieten, der Gitarrist hübsch mit einem Kreuz um den Hals, natürlich falsch/richtig rum, und der eher dürre Sänger mit den üblichen Krampfbewegungen der Hand, als hätte er gerade wem das Herz rausgerissen und würde es über seinem Kopf zerquetschen, damit ihn das Blut vollsifft, aber sehr hübsch immer mit einem Fuß auf dem Monitor. Der Schlagzeuger bangt sogar auch mit. Sieht witzig aus!

Die Billig-Fußtreter für n Appel und n Ei von Ebay gebraucht gekauft machen nicht gerade einen sehr professionellen Eindruck, aber selbst die satanische Branche hat schon mal bessere Tage gesehen…

Tja, musikalisch. Also dieses typische, gurgelnde Gekreische über ständig wechselnden Schnell-/Langsam Parts, und mit Stücken keins unter vier Stunden. Also das muss man wirklich ernst meinen, weil sich kein Schwein so viel Riffing und so Aufbauten nur zum Spaß aneignet. Also dafür ehrlich: Daumen hoch!

Allerdings kann ich mich des Öfteren nicht dem Eindruck erwehren, das vor allem der Gitarrist, in Zusammenarbeit mit dem Schlagzeuger, manchmal rumeiert wie bescheuert, und das dann immer kurzzeitig sauuntight (super Wort!) klingt. Halt wie vermatschter Krach. Naja, passt dann halt zu der Pinselei im Gesicht! Aber am auffälligsten sind die beiden ein Meter hohen Kreuze am vorderen Bühnenrand, wo jeweils eine kleine Flamme obendrauf brennt, die einen ungemein geschmeidigen Duft von sich geben, so wie faule Eier, oder ein Furz. Das soll wahrscheinlich so ein bisschen Leichenflair oder Verwesungsatmosphäre schaffen. Hm. Tja. Brauch ich auch! Unbedingt! Konzerte riechen meiner Meinung nach eh viel zu gut – packankopp-.

Irgendein strunzvoller Kerl erzählt mir noch kurz seine Metalphilosophien (…ey ich muss morgen arbeiten aber egal, äh, saufen bis zum umfallen…) und nimmt artig nur ein kleines Schlückchen von meinem Bier um sich dann an der Bühne festzuhalten und mit letzten Kräften ein bisschen sein Köpfchen zu schütteln. Cooler Typ!

Überhaupt wirkt das Publikum hier irgendwie ziemlich dörflich, und die meisten trumpfen mit allgemein bekannten T-Shirts auf wie halt DISSECTION, SLIPKNOT, IMMORTAL und so was, so das ein GOD DETHRONED Shirt fast schon aus dem Rahmen fällt. Aber trotzdem ein saugeiler Club hier. Hier passen vielleicht so gut 350 Leute rein oder was, an beiden Seiten sind Theken, und die örtliche Feuerwehr und der Rettungsdienst runden das Gesamtbild geschmeidig ab, so mit ihrer geilen, grell orangen Arbeitskleidung zwischen einem Haufen schwarzer Nietenjunx.

Ja, WAITAN haben zu Ende gesägt und gegurgelt, tschööjj. Umbaupause, Umbaubier.

Dann endlich: DISSECTION. Aber quatsch. Ich kenn die ja kaum. Ich bin ja eigentlich nur hier, damit ich später angeben kann, dass ich die auf ihrer Deutschlandtour live gesehen hab. Bedeutet mir eigentlich gar nichts. Aber für 19 Euro sind mir hier doch zu wenig leckere Ladys. Obwohl die, die da sind, können einiges! Wir müssten das so hinkriegen, das auf unseren Konzerten auch ausschließlich aufgetakelte Ladys erscheinen, vorwiegend in einem Hauch aus Nichts, und dieser Hauch dann bitte in Lack oder Leder. Ja! Das ist eine gute Idee! Nur wie macht man so was? Freibier für das heißeste Outfit? Gute Idee!

So. Die Gurke, die sich Schlagzeug schimpft, wird abgebaut, und zum Vorschein kommt ein saucooles, sauedles Teil mit Doublebass, acht senkrecht angebrachten Becken und im edlen Design, hochglanzpoliert. Na also. So hatte ich mir das vorgestellt.

Die glatzköpfige Crew nimmt die Kreuze vom Bühnenrand weg, weil da zwei Dinger auf dem Schlagzeugpodest stehen, die den mächtigen DISSECTION würdig sind: Also dieses Logo von denen, Kreuzchen mit drei mal der sechs und der Gabel oben drauf, mannsgroß, und während die Nebelmaschine angeschmissen wird, zünden zwei von der Crew gleichzeitig jeweils ein Kerzchen oben auf der Gabel an, bleiben mit dem Rücken zum Publikum stehen, zünden sich gleichzeitig ne Kippe an (!), rauchen genüsslich und gaffen dabei auf die Kerzen (!!??). Sieht cool aus. Hat bestimmt auch n Sinn. Ist dann alles böser irgendwie, oder vielleicht müssen schwarze Messen so anfangen. Dann halten die wieder mal gleichzeitig drei Finger hoch, so Teufels-Dreizack-mäßig, und gehen von der Bühne. Man muss sich dabei immer vor Augen halten: Die meinen das mit Sicherheit noch ernst! Da kann man sich nicht hinstellen und Tränen lachen!

Intro. DISSECTION! Wohlgemerkt ohne auch nur einmal das Schlagzeug oder irgendeine Gitarre anzutesten! Cool fürs Publikum, weil es so nicht nervt, und professionell.

Der Gitarrist kommt auf die Bühne, macht das Teufelchen-Hörnchen-Zeichen (…ziemlich evil!), guckt dabei sauangepisst (ist ja auch klar, also grinsen wär ja auch das Letzte!), und sagt irgendwas von „Heil Satanas“ oder so was, was wir aber auch nur verstehen können, weil wir ganz vorne rechts an der Bühne stehen. Deshalb können wir auch sehr gut erkennen, das der Glatzkopp (Set Taitan oder heißt der Typ) auch gerne mal ritzt. Und das nicht zu knapp! Sein ganzer linker Arm besteht nur aus roten Blutkrusten, also Hut ab, wenn man mal ein Hobby gefunden hat, dann sollte man das auch pflegen. Jedenfalls standesgemäß mit Stiefeln, die bis zum Knie hochgehen, und die Hose da reingestopft, und Flying V-Klampfe.

Die anderen tapern auch an, lassen sich kurz abfeiern, und dann geht’s los.

Also vorne klingts scheiße, deshalb gehen wir nach hinten, und da klingt die Sache absolut 1A! Geiler Sound. Die machen irgendwie Musik zwischen Black und Death, ganz eigenartig. Also musikalisch wirklich top, vor allem der Schlagzeuger bringt immer wieder superschnelle Sachen, sauber und echt klasse. Die Rhythmussachen sind ziemlich primitiv, also zumeist artig drei Tönchen rauf und runter, wovon einer immer disharmonisch sein MUSS! Und das interessante dabei ist in erster Linie das ununterbrochene Riffing vom ebenfalls glatzköpfigen Sänger/Gitarrist (Jon Nödtveidt oder so), und diese unglaublich kräftige Stimme, die dieser Typ an den Tag legt!

Irgendwie war der wohl mal im Knast weil der wen umgebracht hat oder sowatt. Dann war da wohl mal ne Diskussion ob die jetzt irgendwie Rechts sind, aber die haben dann wohl klargestellt, dass die damit nichts zu tun haben und nur satanisch sind. Oder so. Aha.

Jedenfalls ist der Sänger Dreh- und Angelpunkt, und was der Kerl rumpost, eine wahre Wonne! Die haben ja immer so ewig lange Instrumentalparts, und dabei springt der Kerl von links nach rechts wie eine aufgescheuchte Tarantel, immer mit dem fiesen Blick eines psychopathischen Mörders (…hm…), so das ich mich glücklich schätze, dem keinen bescheuerten Fragebogen in die Hand gedrückt zu haben. Ich weiß nicht ob der Kerl überhaupt Humor hat!

Jedenfalls steht die Gitarre IMMER senkrecht, sobald er nicht singen muss! IMMER! JEDE SEKUNDE! Also, mehr 80er geht eigentlich gar nicht, aber dann in so einer Ballerkapelle! Geil! Echt saugeil!

Und auch hier sind die Aufbauten irgendwie ganz komisch verschachtelt und ineinander verkaspert, und das Riffing ändert sich permanent, das ich mich ganz ehrlich Frage, wie man sich bitte so einen Scheiß merken kann! Allerdings ohne Spielfehler! Wie geleckt! Daumen hoch!

Der Bassist hat Haare bis zum Arsch, schön dünn und verfettet, und macht den Eindruck, als würde er mit Sicherheit bei jedem MOTÖRHEAD-Konzert entweder in der ersten Reihe stehen oder an der Seite unter der Theke liegen!

Mittendrin stellt der Ritzer-Gitarrist die Band vor. Hach nö, bitte. Jedenfalls verkneifen die es sich wenigstens, dass dann auch noch jemand anderes den Ritzer-Typen vorstellt. Naja.

Jedenfalls sauprofessionell alles! Die meisten Songs werden hintereinander weggebraten, die Stimmpausen sind abgesprochen, da kommt dann ein bisschen finstere Musik vom Band, und die paar Ansagen sind kurz und knackig mit sofort danach einsetzender Musik! Also geil! Bei so furchtbar bösen Bands sind ja auch kleine Pannen direkt doppelt peinlich! Und siehe da, eine passiert aber doch:

Der Sänger grunzt ne Ansage, stellt sich an den Bühnenrand und stellt die Gitarre senkrecht (!!geilgeilgeil!!), wartet auf den Einzähler vom Schlagzeuger…drei Sekunden…sechs Sekunden…steht da wie bestellt und nicht abgeholt, dann dreht er sich rum und die Audienz lacht. Huppala. Unfreiwillige Komik einer satanischen Band. Siehste, das meine ich.

Naja, egal. Für die Zugaben zieht er sein T-Shirt aus, und Frank meint, dass es im Knast wohl nicht so viel zu tun gibt. Meine Fresse, was hat der Kerl Muskelpakete am Körper kleben! Ey, das glaubt man nicht! Der Kerl muss jeden Tag in der Muckibude pumpen, da kannste aber für! Leck mich am Arsch! Ey, dem würde ich bestimmt nicht ins Gesicht sagen das ich konfirmiert bin!

Tja, noch ein paar Kracher, die Ladys schmachten, vielleicht auch ein paar Typen, falls das überhaupt erlaubt ist, und tschööjj, und zum Abschluss hält der Muckisänger seine Klampfe senkrecht über den Kopf, reißt die Faust hoch und lässt sich abfeiern nach allen Regeln der Kunst! Was ein cooler Typ. Auch wenn mich das so gar nicht begeistern kann, wenn man jemanden umgebracht hat. Aus dem Alter ist man ja raus (Zehn Euro in die Phrasendrescherkasse!).

Also auf jeden Fall ein Konzertbesuch wert. Vielleicht nicht unbedingt 19 Euro. Aber fast! Und auch was für Leute, die nicht auf Black-Geknatter oder auf Death-Gewürge stehen! Jedenfalls weiß ich jetzt ganz genau, was man an denen so geil finden kann, trotz ihrem ganzen Satansjedönse und so. Saugeile Band!

Und ganz allgemein meine These: Satanismus ist der skandinavische Punkrock. Ich glaub, da schnibbelt man sich halt keinen Iro und schafft sich n Köter an (wahrscheinlich weil man dann mit dem Gassi gehen müsste, und dafür ist es da oben zu kalt). Stattdessen gehört es da in der Region zum guten Ton n bisschen satanisch zu sein, dann ist man nämlich automatisch auch gegen dem System! These Ende.

Ja, ab nach Hause – ab im Bett. Im Bus schön artig schlafen, ich muss ja morgen arbeiten, auch wenn ich noch so viel Lust habe ein weiteres, klitzekleines Bierchen zu trinken. Aber aus dem Alter ist man ja raus. Lüge! Und zehn Euro in die Kasse. Tja, Frank fährt mich noch bis vor die Türe, und wenn die Katze aus dem Haus ist, wie gesagt, dann machen die Mäuse Haia (so ist man übrigens auch ganz ohne Satanismus gegen dem System!). Prost. KOLLEGE 12/04

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