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THE DEVIL IN MISS JONES, SPAM, Supamolly Berlin, 01.April 2005
Alles klar, erst mal zum großen Chef von ROCK YOU TV, zum Peter, und sich angucken, was er denn so an neuen Sendungen fürs Berliner Fernsehen fabriziert hat. Natürlich habe ich auf Anhieb eine Millionen Verbesserungsvorschläge parat, weil die Sendung, so wie sie ist, noch nicht gerade das Allermeiste kann, so mit We will rock you als musikalische Untermalung, gnadenlos beschissenen Interviews von schlechten Bands und ewig langen, langweiligen Schnitten! Allerdings hat er die übermächtigen PARASITEN live in Berlin gefilmt, wie sie Berlin bringen! Also ein Gespür für Riesenhits scheint er ja zumindest schon mal zu haben. Und das Beste: Beim Interview werden die Mädels gefragt ob sie denn schon von der Band leben können… und Laura packt sich an den Kopf! Großartig!

Jedenfalls muss man Berlin lassen: Döner hier schmeckt echt besser! Die Soße kommt zuerst rein, ist natürlich besser, quappt nicht in der Gegend rum, und kostet nur ein Euro.

Danach ab in den einzigen, wahren Osten. Endlich! Natürlich ist es schweinekalt und dunkel, klar, wäre ja sonst nicht im Osten, der Osten. Da steht, mitten im endlosen Nichts einer langweiligen Wohnsiedlung am Arsch der Welt, ein ziemlich angeranzter, aber noch recht gemütlicher Schuppen: Supamolly. Drinnen gibt es für faire Preise gutes Bier (Berliner, welch Überraschung) und einen Haufen kiffender, Krautaufmkopp tragender Alternativ-Punks. Allerdings die Sorte mit den uncoolen, schäbbigen Krauthaaren, und nicht so cooles Kraut. Egal. Über einen Hinterhof (!) führt ein Weg direkt in einen Keller (!), in dem sich klischeemäßig natürlich dichte und kaputte Typen in den Ecken auf gammligen Sofas wälzen, und der Weg endet in einem recht coolen, abgefuckten Konzerträumchen, wo so locker 200 Leute reinpassen dürften, die auch schon da sind. Also das ist ja schon nicht unbedingt meine Welt hier, aber wie sich Chrü´s gepflegte Lady hier fühlen dürfte kann ich mir gut denken…

An der Theke sitzt ein praller Typ, und der fragt so kotzdreist einen anderen, fremden und ebenfalls prallen Typen nach was zu kiffen. Der fremde Typ findet das erstmal nicht witzig und will nichts geben, aber nach einer kurzen Diskussion, wo ich eigentlich nur auf eine Asi-Schlägerei warte, schenkt der fremde Typ dem dreisten Fragetypen einfach Kiffe und ungefragt noch Papers und haut ab!? Im Osten ticken die Uhren ja bekanntlich nach unten. Oder nach Osten.

Irgendwo steht noch der erste Sänger von WIZO rum. Sagt mir nichts. Der hat wohl das erste Demo besungen. Ah ja! Ah, ah joh näh! Wäre er doch mal dabei geblieben, was? Jedenfalls nicht besonders spannend.

Die erste Band fängt an: SPAM. Vier Männlein, eine Bassistin, D-Punk, uffta uffta Rumpelpunk. Also das ist wieder Musik, in der es nicht um die Musik geht, hm, aha, sondern eher darum seiner Lebenseinstellung irgendwie Ausdruck zu verleihen. Schön und gut!

Aber: Boh ist das schlecht, leckomat! Das ist ja so unglaublich schlecht, das kann man wirklich niemandem anbieten. Die Typen, und das Mädel mit Krautaufmkopp am Bass (17 von weitem) scheinen ja recht nett zu sein, aber warum der Gitarrist extra für diesen stur-Vier-Akkorde-Kram aus der Schweiz angereist kommen musste kann ich auch nicht erklären. Das hätte meine Oma auch noch geschafft, ehrlich! Und Chrü glaubt da irgendwo ein bisschen D-Ska erkannt zu haben. Was eine göttliche Wortschöpfung für Rumpelei im Offbeat: D-Ska!

Die Bandmitglieder scheinen ja echt nette Leute zu sein, aber irgendwo zwischen „das System ist schuld“ und „die Gesellschaft bla blubb“ (gähn) gehen wir lieber hoch und lassen uns von Chrü’s Lady erzählen das die immer mit ihrem Daddy Jägermeister-Monopoly spielen: Wer auf Los kommt muss fegen! So lassen sich auch bekackte Brettspiele ertragen, kein Wunder dass die zwei immer frühzeitig nach Hause müssen. Allerdings würde ich da noch die Bahnhöfe, das Gefängnis, das Wasserwerk und alle Straßen dabei tun…

Egal, die nächste Band legt vor brechend voller Hütte los: THE DEVIL IN MISS JONES. Vier alte Alternativ-Papis mit so wenig Coolnessfaktor, dass es fast schon wieder lässig rüberkommt, spielen leider nicht wie der Name vermuten lässt coolen Altrock, sondern so komischen, leicht schrägen Alternativ-Pank-Noiserock. Besser kann man es nicht erklären. Irgendwie komplett Hitfrei, aber auch nicht wirklich kacke, schon irgendwie abwechslungsreich, aber alles irgendwo im Krachgewand! Hm, na ja, jedenfalls bemerkenswert: Hier ist im Publikum wirklich alles vertreten, was so im Rinnstein rumkreuchen und fleuchen kann. Iroasseln, Gothictypen mit toupierten Dunkelladys, Glatzen, Hippies, und sogar ein kleiner KOLLEGE mit wirklich rasant-sportlicher Adidas-Regenjacke! Yeah!

Ja und da vorne wütet auch ein anständiger Pogomob, wobei auffällt, dass der Gothictyp einfach nur geschmeidig tanzen will, andauernd umgerissen wird, ihm das auch gehörig auf den Zeiger geht, aber er wirklich mit einer Engelsgeduld immer und immer wieder irgendwelche Besoffenen wegschiebt… Und nebenbei sind die Glatzen hier diejenigen, die sich mit aller Kraft um friedlichen Pogo bemühen, und die diese kleinen besoffenen Punker immer wieder aufheben um sich um die zu kümmern, wenn die drohen im Vollsuff tot getrampelt zu werden. Klasse!

Azü motzt rum und will sofort nach Hause. Wahrscheinlich warten wieder ein paar Schnitzelfilme darauf abgefeiert zu werden. Gut, dann los, und in Berlin braucht man grundsätzlich hundert Stunden um überhaupt irgendwo hin zu kommen, dabei findet man unterwegs nicht einen scheiß Kiosk mit Bier, und wie man bitte bei einer Ringbahn einen Zielbahnhof angeben kann wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben. Also nicht Ring wie in Köln, von wegen so Halbkreis mit Anfang und Ende, sondern komplett rund, durchgehend. Woher soll man denn dann wissen, das man in die richtige Richtung fährt, und nicht erstmal einmal ganz rund? Na? …ich auch nicht!

Und der mächtige Bönx auch nicht mehr. Der wollte ja nichts trinken, aber irgendwie ist dem wohl ganz heimlich, still und leise das ein oder andere Jägermeisterchen aus versehen in den Hals gefallen. Na ja. Das ist die Berliner Luft. Aber es gibt keine schlechten Bahnverbindungen, es gibt nur zu wenig Bier! Prost. KOLLEGE 04/05

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