duschen ist KEIN heavy metal
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18.September, DELIKAT und SAME DIFFERENCE, Schoko-Laden Berlin Mitte:
Nachts los von Bielefeld, morgens in Berlin ankommen, ächz. Eine Hippie-Olle mit kurzen Haaren, aber langen, geflochtenen Zöpfen, die per Mitfahrzentrale auch im Auto sitzt, wird vorsorglich bei der ersten U-Bahn rausgetreten (mit den Worten Never trust a Hippie!), damit Bönx nicht noch quer durch Berlin gurken muss. Der hat nämlich was anderes vor: Bönx und Fö schrauben sich erst mal umgehend mit jedem auffindbaren Tropfen Alkohol den Kopf ab. Wohlgemerkt: Morgens um fünf. Hut ab!

Tagsüber schön gemächlich auf die Beine kommen, und Nachmittags dann auf in den Schuppen in Berlin-Mitte mit dem wirklich uuuunglaublichen Namen „Schoko-Laden“! Na? Na? Kann was, hm?

Das ist ein kleiner, gemütlicher Laden, mit kleiner Bühne direkt neben der Theke. Die zweite Band, SAME DIFFERENCE, ist auch schon da, und das ist die Band, wo der DELIKAT-Tuter Simon auch tuten tut (Tschuldigung, der musste sein!).

Alles schleppt eifrig den ganzen Bandscheiß von den Autos in den Laden und auf die Bühne, nur die DELIKAT-Diva Gregor, der Trompeter, hat das nicht nötig. Gregor hat den Bandinternen, geschmeidigen Zusatz dks, was „der kleine Scheißer“ bedeutet, aber er möchte nicht „der kleine Scheißer“ genannt werden. Findet er doof. Naja, jedenfalls der Typ, der nicht der kleine Scheißer genannt werden will, starrt unbeirrt Löcher in die Luft, während die anderen buckeln. Mal starrt er Löcher in die Luft innerhalb des Ladens, und als kein Platz mehr in der Luft ist, um Löcher reinzustarren, da geht er vor die Tür, und siehe da: Da ist ja noch jede Menge Luft um Löcher reinzustarren. Da steht dann der Typ, der nicht der kleine Scheißer genannt werden will rum, bis die Arbeit drinnen getan ist. Richtig so, Typ der nicht der kleine Scheißer genannt werden will, lass die anderen für Dich ackern! Niedere Arbeiten hast Du überhaupt nicht nötig!

Die DELIKATEN schmeißen sich in Schale, so richtig mit Schlips und Krawatte, weil ist ja denen ihre CD-Release-Party heute, von der ersten, selbstbetitelten CD. Heute mache ich mich, wenn überhaupt, erst später locker. Bis dahin behalte ich artig meinen Stock im Arsch. Außerdem steht der DELIKATEN-Sänger Jojo bestimmt drauf, wenn ich da einen Stock stecken hab! Knutscherchen!

Während dem Soundcheck kommt so eine Turbo-Assel rein, amtlich mit drei verfaulten Zähnen in der Fresse, eingefallenem Gesicht und kaum fähig, sich aus seinem Billigtabak eine Atzenkippe zu schrauben, und pöbelt rum. Jojo fragt mich noch, wer ihm denn jetzt sagt, das noch kein Einlass ist, weil er ja dann sicher ausfallend wird, und dreht sich im selben Augenblick rum und macht es selber. Die Turbo-Assel kackt rum und lallt was von wegen er macht ja schon ewig Rockmusik, und er sei schließlich Tarzan und ihm sei alles scheißegal...Aha. Du Tarzan alles egal, alles klar. Jojo dreht sich wieder zu mir und merkt gelangweilt an „habe ich mir gedacht“. Jedenfalls haut der Kaputte wieder ab. Wahrscheinlich macht gleich Kaiser´s zu, und die Ration für die Nacht is noch nich jekooft. Egal. Ich Tarzan alles scheißegal!

Mieschka mit Frau trabt an, auch im Anzug, und einige Leutchens mehr, so das der Laden gut voll wird, reschpekt! Ich frage mich immer wieder, wieso man in Berlin als eher kleine, unbekannte Band immer vor so (relativ) vielen Leuten spielt? Sollte mir mal einer erklären.

Jedenfalls ist auch der Lars von den DREI FLASCHEN da, und erzählt allerhand interessante Sachen, die er außer Produzieren, Design, Verleih und Band noch so macht. Fleißiges Kerlchen, der schläft scheinbar auch nicht. Ach ja, der macht ja nich upp, da hat man ja Zeit. So wie ich gerade. Aber ich kann die Zeit gerade nicht nutzen. Also was mach ich bloß? Na, die Antwort liegt ja auf der Hand.

SAME DIFFERENCE fangen an. Ich hab die noch nie gehört. Die tuten los und machen so einen spanischen Trötenkram mit Percussion und in zig verschiedenen Sprachen, teilweise arg ver-Punk-rockt, meistens aber sehr Soundträck-Mäßig für Tarantino-Streifen. Normalerweise steh ich ja gar nicht auf so was, vor allem nicht Live, aber das hier geht irgendwie saugeschmeidig ins Ohr, teilweise mit irgendwelchen Taktverschiebungen, manchmal ohne Gesang, hier und da eine exotische Gitarrenlinie und ich frage mich echt, ob ich schon so alt bin, oder was. Ich bin doch komplettomat nüchtern. Komisch. Muss scheinbar einfach ne lockere Band sein, kann aber auch daran liegen, das dem Tuter-Simon der Glanz in den Augen steht, wie er sich mal so richtig musikalisch austoben kann, vorwiegend an seiner Posaune, und von Zeit zu Zeit mal an der Gitarre, die im übrigen immer noch viiiiel zu hoch hängt! Apropos: Die Gitarre vom Hauptgitarristen hängt dem am Kehlkopf. Geht natürlich gar nicht! Aber bei der Musik kann man unter Umständen ein Auge zudrücken. Hm, oder wenn ich genau hinsehe: Ich drücke besser beide Augen zu, denn die hängt echt so hoch, da tut das Hingucken weh! Aber sonst Geilomat, Daumen hoch, sehr lässige Zweitband, blutrünstiger Simon! Ganz nebenbei tanz sich die Audienz einen Wolf, obwohl ja keiner den Kram kennt. Cool.

Umbau, Umbaubier, und hier in Berlin-Mitte muss man ja echt nur drei Minuten spazieren gehen, um einen Kiosk zu finden, der Bier verkauft. Für Berliner Verhältnisse echt nicht zu verachten! Ich sinn der Beeindruckteste!

DELIKAT nudeln los. Laden voll, vorne wird getanzt das sich die Balken biegen, und wie immer kriege ich mit, wie für den Jojo geschwärmt wird. Ich will auch Sänger sein! Ich filme ein bisschen, gib die Kamera aber irgendwann ab, wird langweilig. Der Ex-LAKANUKIE-Diddy ist auch da, den trifft man auch überall. Verdammt, haben die denn alle kein zu Hause? Woher nehmen die das Geld und die Zeit, verflucht, einfach mal von Bottrop nach Berlin zu eiern? Huppala, ich sinn ja ooch nitt von hier. Isch hann nix jesaacht, weiter im Text. Im Laden wird es immer heißer, stöhn, und ich nehme gegenüber der Bühne auf einer Erhöhung Platz. Da schwärmt ein Mädchen davon, das die Schlagzeugerin soo cool ist. Hä? Naja. Auf der Bühne kann der Gitarrist Chrü das zickeln nicht lassen, und gibt bekannt, das der Sänger Jojo die DELIKAT-CD in zwei Monaten bestimmt scheiße finden wird. Jojo, in einer Gelassenheit, das man meinen könnte er drückt sich THC in die Blutbahn, sagt, das dies so nicht stimmt, weil er eine CD auch mal drei Monate gut finden kann.

Packste Dir ann Kopp!

Der Ex-DELIKAT-Gitarrenhengst darf auch ein Stück mitklimpern, und danach dem am schönsten gekleideten Mädchen eine CD schenken. Witzig: Neben mir die Mädels gackern sofort rum von wegen „die da kann es nicht sein, guck mal wie billig die aussieht gook gook...“. Hach, Frauen! Jedenfalls kriegt dann irgendein Mädchen aus dem Publikum die CD, und ich frage mich, ob der Herr Ex-Gitarrist kein Elternhaus genossen hat, denn der hat doch gerade vor drei Sekunden mit einer Schlagzeugerin Musik gemacht, die im roten, schulterfreien Kleid direkt hinter ihm sitzt, und sogar von Frauen angeschmachtet wird. Mann, dann überreicht man ihr doch die CD! Packste Dir nochma ann Kopp..

Jedenfalls wird noch n Stück vom LIGHTKULTUR-Sänger dargeboten, ein Song der neuen SOCIAL DISTORTION wird gebracht, alles tanzt sich glücksselig, super Konzert, eine CD nach der anderen wird ins Publikum geschmissen, bis Chrü ansagt, das jemand genau weiß, was auf ihn zukommt. Oh nein. Grüne Haare zum Abschluss? Kann ich doch gar nicht spielen. Also bleib ich erst mal sitzen, vielleicht fällt es ihm ja noch auf. Denk. Denk. Steh auf der Leitung. Ach so, ich soll das singen? Super! Na, der Text kommt sicher beim singen, ist dann auch näher am Original, wenn man nicht weiß, wo hinten und vorne ist. Also: Mach mir den Hengst, Baby! Schrei, schrei, uuund, wer hätte das gedacht? 2.Strophe weg. Bei mir und beim Jojo gleichzeitig. Ganz toll. Sensationell. Während die Jungs und das Mädel so lässig weiterspielen fällt mir nur die Sache mit Gericht und Richter und so ein, aber bloß nix anmerken lassen. Hm, ob einer was merkt, das da was fehlt? Ah, endlich, Text wieder da, weiter, einfach so tun als wär nix gewesen, schrei schrei, Ende! Meine Damen und Herren, DELIKAT aus Berlin!

Danach geht das übliche rumgeuppmache los, und das „wer-hat-den-Schlüssel“-Spielchen, und der Ex-LAKANUKIE-Mercher besticht durch einen Berg von Zitronenscheiben, die vor ihm auf dem Tisch liegen. Na, die hat er bestimmt nicht ohne alkoholischen Zusatz gefressen, alle Achtung!

Mieschka macht grandios den DJ, und der kleine Arp, Brüderchen von der DELIKAT-Trommlerin, zeigt, das in ihm echter Rockstarnachwuchs steckt, zumindest erzählen die glutroten Augen das, in Verbindung mit lässigen Sprüchen. Hm, muss wohl in der Familie liegen.

Ich mach gar nich upp, eher gesagt ein bisschen, aber das ist ja gar nicht! Lustig popustig: Die Mama vom Chrü ist auch da. Süß. Und die steht da rum und wartet ganz geduldig ab, bis ihr Sohn sich alle Lampen angeschossen hat, um den nach Hause zu kutschieren. Artige Chröselomatenmama. Wohlerzogen!

Die ganzen besoffenen Gestalten erzählen einen Scheiß, das geht auf keine Kuhhaut mehr, und ich kringel mich darüber weg, und jeder hält es für nötig, sich mindestens zehn Mal von jedem zu verabschieden, um dann doch noch nicht nach Hause zu gehen. Unglaublich!

Normalerweise stehe ich auf der anderen Seite. Bin ich ja auch sellba Schuld, wenn ich mich nicht gewaltsam dazu nötige uppzumachen!

Und Chrü hat einen ziemlich geschmeidigen Bausparvertrag abgeschlossen! Aber wird erst demnächst volljährig, dafür hörtse aber Metal und steht auf Fußball! Und trägt schon hohe Stiefel! Der Anfang ist gemacht!

Fö muss derweil unbedingt Titten fotografieren, und Mädchen, die sich auf Autos räkeln! Da gibt es gar kein Vertun, das muss jetzt sein! Nicht später! Jetzt! Egal wer da wie nach Hause will, jetzt, verdammt! Und datt abgeschraubte Drei-Paar-Schuhe-pro-Abend-Julietta muss auch dran glauben...

Nun gut, am nächsten Tag will ich um vierzehn Uhr mit dem SAME DIFFERENCE-Schlagzeuger Zabbo Richtung Heimat nach Köln aufbrechen, dann wäre ich ja zu einer vernünftigen Zeit zu Hause, könnte pennen und morgen arbeiten. Aber: Erst mal brauchen die ihren Kram aus dem Schoko-Laden, der aber erst um 17 Uhr aufgeschlossen wird. Aha. Dann wird der ganze Kram auf die Straße gebuckelt, und da steht er dann. Was allerdings nicht da steht, ist der Bus, den der Jojo organisieren wollte. Wer hätte das gedacht? Was auch nicht da steht, nicht da oder irgendwo, wo man beim abbauen helfen könnte, ist der Typ, der nicht der kleine Scheißer genannt werden will. Ebenfalls nicht da ist der Chrü, in dessen Auto man den Kram, der ja jetzt so einsam auf der Straße steht, einladen und in den Proberaum fahren könnte.

DELIKATEN reimt sich auf Kindergarten.

Ich mach erstma upp, habbich mir nämlich jenau so däächt!

Also opfert sich Diddy, der ja eigentlich gar nix mit den Bands zu tun hat, und Zabbo, mein Heimfahrer, und der dumme kleine Kollege, um den Kram in die Autos zu buckeln, zum Proberaum in Hinteroberpusemuckel zu eiern, und da alles hoch zu schleppen.

Abends endlich Heimreise. Ende vom Lied: Ich stehe mitten in der Nacht in Köln, zahle Geld fürn Taxi nach Hause, und kann mir praktisch beim schlafen gehen direkt den Frühstückskaffee durchlaufen lassen weil ich jetzt arbeiten gehen darf.

Wäre ich nicht von Anfang an sicher gewesen, das es genauso ablaufen wird, ich hätte ne SCHEISSWUT!

Aber stattdessen vergebe ich jetzt ganz offiziell den goldenen Sandkasten mit Schippe, Schäufelchen und Förmchen! Glückwunsch.

SO! War doch ma wieder n saugeschmeidiges Wochenende. Watt hamwa gelernt? Tarzan darf alles, und ihm ist alles scheißegal! Prost!

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© by Dirk Holz, 2000-2007