duschen ist KEIN heavy metal
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Vache Hovsepyan Duduk Ensamble aus Armenien
Mittwoch, 19.01.2005, Domforum Köln
Meine Fresse! Manchmal zeigt mir der liebe Gott dass er auch an mich denkt. Manchmal. Und wenn er das tut, dann fällt ihm immer ein lustiger Witz dazu ein. Dieses Mal ist es so, dass ich am Wochenende arbeiten darf, und zwar jeweils um sieben Uhr morgens (!), aber jetzt soll ich statt Tiefkühlfraß in Truhen zu schmeißen Fleisch und Wurst einsortieren…

So richtig Schweinsköpfe, Nackensülze und was weiß ich nicht noch alles.

Tja. Ich sehe das jetzt einfach mal als Beförderung, und dann steht meiner großen Karriere ja nichts mehr im Weg.

Grandioserweise sitze ich dafür vorher die ganze Scheiß Woche zu Hause rum, hole mir einen nach dem anderen runter, bis ich genug Lust habe die Küche zu putzen…

Irgendwann brauche ich aber unbedingt ein bisschen Tageslicht und spaziere die Einkaufsstraßen von Köln lang. Bewerten ist totale Scheiße, weil es regnet wie bekloppt, aber siehe da, im Domforum ist was los. Ui, irgendwas mit Kirche. Rein!

Der Raum ist voll mit sitzenden, zumeist alten Leuten, und vorne auf der kleinen Bühne spielen fünf alte Opis in recht seltsamen, gülden bestickten, roten Gewändern irgendwelche krummen, selbst geschnitzten Flöten. Geil! Rockt wie Arsch! Und wenn die da rein tuten, dann müssen die immer so total lustige, dicke Backen machen, wie Frösche wenn sie quaken. Aber lachen tut hier keiner. Dafür ist die Sache hier scheinbar viel zu ernst.

Die Musik klingt irgendwie sehr traurig, wie so Hintergrundmusik nach Endzeitszenarien bei Hollywood-Produktionen, wenn die Kamera gerade über das zerbombte Land fährt. In Verbindung mit den krummen Dingern und den dicken Backen eigentlich brüllend komisch!

Also bemerkenswert, das die ohne ein Rhythmusinstrument, also nur mit fünf Flötenartigen Schabbelsdingern, gleichzeitig die Wechsel von einem Tönchen zum nächsten hinkriegen. Vor allem, weil die Töne immer ewig lange stehen. Wie machen die das bloß? Wo ist der Trick? Hm. Während ich so überlege, lese ich ein bisschen in den Zeitungsartikeln, die hier jemand so schön aufgehängt hat, in denen es darum geht, warum Gott Naturkatastrophen schickt. Und jeder halbwichtige Geistliche darf seinen Senf dazugeben. Manch einer erzählt dass die Wege des Herren nun mal unergründlich sind, und ein anderer sieht das als Strafe, aber dummerweise gegen Unschuldige, und einer trifft den Nagel spitzenmäßig auf den Kopf: „Es gibt keine Erklärung!“. Ja! Das wird es sein! Da hat sich das Theologiestudium doch schon bezahlt gemacht.

Kaum eine halbe Stunde vorbei, schon ist das eine Lied zu Ende, Applaus! Ein Flötenopi im roten Lappen steht auf, erzählt wie das nächste Stück heißt, und weiter geht die wilde Fahrt. Cool! Die geben ihren Stücken auch Namen. Vielleicht sogar nach Filmen benannt. Oder nach Metalbands! Aber ich verstehe keinen Ton, egal. Jedenfalls gucken hier alle heimlich immer wieder auf die Uhr, aber das auch ja keiner was merkt, und ein Typ hinter der Theke stützt seinen Kopf auf seiner Faust ab, hat den Mund leicht offen und die Augen halb geschlossen, grandios!

Jetzt verstehe ich auch den Bandnamen, immerhin gibt es dafür eine Erklärung. Also ein Typ, wahrscheinlich der mit dem Mega-Schnubbi, heißt Vache Hovsepyan, und die krummen Tröten heißen Duduk, und zusammen nennen sie sich Ensamble. Sowas. Also das hätte ich mir auch wirklich denken können. Aber was soll es.

Ich bin mir zwar nicht so ganz sicher, aber ich glaube, das hier ist schon die Zugabe! Könnte aber auch genauso gut der Opener sein, oder Soundcheck, egal, meine Ohren sind frisch durchgepustet, herrlich, ab nach Hause. Was mache ich denn, nach dem wilden Gerocke hier, jetzt mal leckeres zu essen? Ich habe es: Bratkartoffeln mit Schnitzel. Und dabei ein schön saftiges Stück Fleischwurst zur Einstimmung auf morgen früh! Prost. KOLLEGE 01/05

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